Tasmanien, under Down Under

10.January 2010 - Hobart


Samstag, 2. Januar 2010
Nach einem ereignislosen, aber wegen schlechten Wetters um fast zwei Stunden verspäteten Fluges aus Melbourne bin ich jetzt seit ein paar Stunden in Tasmanien und hab mich jetzt schon in die Insel verliebt. Sehr hügelig, sehr grün, sehr waldig. Wunderschön.
Am Flughafen in Hobart wurde ich gleich von einem sehr netten,eifrigen Schnüffelbeagle begrüßt, der darauf trainiert ist, Früchte und Obst in Taschen zu riechen. Schon faszinierend, was die Hunde alles leisten können. In Tasmanien sind sie auch sehr strikt,was das Einführen von Obst, Erde, Meeresfrüchten und sowas angeht, weil sie keine Fruchtfliegen und sonstige Pests haben. Glücklicherweise hatte ich meinen Apfel unterwegs gegessen, die Strafen sind nämlich heftig.
Meine Unterkunft besteht aus einem urigen Zimmerchen neben einer Taverne und einer Pizzabäckerei. Sehr nett, das. Zahle 10 Dollar am Tag, hab nen Kühlschrank, nen Wasserkocher, nen Toaster und ne Pfanne. Der einzige Wehrmutstropfen ist, dass im Pizzalokal die ganze Zeit , sprich bis Mitternacht, superlaute Musik läuft. Aber wenn ich arbeite, krieg ich das ja eh nicht mit.
Von wegen arbeiten, da kann ich nur hoffen, dass ich am Montag Glück habe, wenn ich auf die 8 Kilometer entfernte Kirschenpflückanstalt losgelassen werde, ansonsten ist hier nämlich so überhaupt nichts los. Also, es ist deutlich besser als Lakeland, aber trotzdem. Leider gibt es keine Fahrräder zu leihen, das wärs noch. Dann wär ich nicht auf die autohabenden Koreaner, die auch in der Taverne wohnen, angewiesen... Muss ich mich in Huonville mal erkundigen.
Jetzt ist es zwanzig vor sechs abends und ich werd jetzt meine Klamotten in die Wäsche schmeissen und dann am Fluss entlang laufen.

Sonntag, 3. Januar 2010
Also, Franklin ist sehr putzig, habe gestern gleich einen wunderschönen Spaziergang gemacht, sogar viele Regenbögen gesehen, weil das Wetter also noch launischer ist als in Melbourne, aber was solls.
Leider ist es auch sehr teuer, was bedeutet, dass ich das ganze Geld, was ich in der Unterkunft spare, wieder für Essen ausgebe, kann ja auch nicht jeden Tag im Pub essen (da gibt?s deutsche Bratwürste mit Kartoffelbrei und Sauerkraut für 6,50...). Naja, wenn ich drei Wochen arbeite, kann ich wieder zurück nach Hobart und mir ein Auto mieten.

Dienstag, 5. Januar 2010
Juhu, ich hab nen Job! Kirschen sortieren... Sehr unanstrengend, aber kaaaaalt. Die Fabrik ist mehr ein Kühlhaus mit 12° Raumtemperatur. Das je nach Tag 8 bis 10 Stunden lang kann heiter werden. Aber erstaunlicherweise gewöhnt man sich dran. Nach dem Mittagessen hab ich lang nicht mehr so sehr gefroren wie die ersten zwei Stunden. Nur meine armen Fingerchen waren so steif, dass ich die Kirschen fast nicht mehr greifen konnte. Hab mir dann gleich ein paar schön warmer Frotteehandschuhe gekauft, morgen zieh ich dann noch meine Jacke an und dann kanns losgehen...
Der Stundenlohn ist der gleiche wie auf der Bananenfarm, 17,80 AUD. Und Donnerstag ist schon Zahltag, sehr gut, das. Ich hatte wohl echt Glück, die Koreaner, die hier noch wohnen, mussten drei Wochen Däumchen drehen, bis sie in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr endlich anfangen konnten zu arbeiten. Mal schauen, wie lang ich das durchziehe, denke mal zwei oder drei Wochen. Will ja auch noch was von Tasmanien sehen.
Seit gerade eben ist ein Franzose bei mir eingezogen, macht nen ganz netten Eindruck.
Donnerstag, 7. Januar 2010
Halleluja... Seit gestern sind wir zu fünf in dem Mini-Zimmer. Der Franzose, ich und drei Koreanerinnen. Zuerst hat es geheissen, die Mädels bleiben nur eine Nacht, bis sie eine andere Unterkunft gefunden haben, aber offensichtlich haben sie ihre Zelte jetzt dauerhaft hier aufgeschlagen. Zum Glück merkt man von denen fast nichts. Sehr ruhige Gesellen. Die ganze Woche war auch Ruhe in der Pizzeria, nur heute geht?s wieder rund.
Wenn die Arbeit weiter so reintröpfelt, muss ich vier Wochen hierbleiben, am Dienstag haben wir sechs und gestern sogar nur vier Stunden gearbeitet. Heute war es zum Glück ein bisschen besser, nämlich bis halb vier und so wie es sich anhört, kommen nächste Woche 12-Stunden-Tage auf uns zu. Das ist natürlich einerseits gut, weil ich a) schneller wieder weg kann und b) dann abends hoffentlich so platt bin, dass mich auch die Party nebenan nicht mehr stört.
Heute ist der Franzose um viertel nach fünf aufgestanden und hat Eier und Speck gemacht. Mahlzeit. Ich hätte bis viertel vor sieben schlafen können, aber war natürlich nichts mehr bei dem Gestank. (Ich mag Spiegeleier und Speck, auch zum Frühstück, aber nicht um fünf, sondern um zehn...).
Naja, mal schauen. Wie sich herausgestellt hat, gibt es nicht wöchentlich, sondern nur zweiwöchentlich Geld, das ist natürlich auch sehr toll.
Auf jeden Fall hatte ich eine Stinklaune, als ich heimkam, weil krank und kaputt und kalt und überhaupt und dann hab ich einen wunderschönen, langen Spaziergang in der Sonne gemacht, schön ein ?Hügelchen? mit ungefähr 7Steigung hoch (500 Meter ungefähr) und dann gemütlich durch den Wald relativ flach wieder abgestiegen. Seeeeeehr idyllisch, das. Freu mich schon, wenn ich mehr von Tasmanien zu Gesicht kriege. Dafür kann ich mich dann auch mit fünf Leuten in einem Zimmerchen abfinden... Das größte Problem ist, dass ich nichts mehr zu lesen hab und es hier weit und breit keine Bücherläden oder Secondhandshops gibt. War in Huonville in der Bücherei, aber die machen ein Riesentheater von wegen, man braucht zig Dokumente und Nachweise und Gedöhns, und muß mindestens sechs Monate an einem Ort, also in Huonville oder Franklin bleiben und natürlich muss man australischer Staatsbürger sein, sonst gibt?s keine Bücher.
Hmpf. Da lob ich mir doch echt Lakeland, auch wenn es ansonsten wirklich hässlich war, was die Bücherei anbetrifft, war das mein Lebensretter.
Bin jetzt zwar noch glücklicher über meinen Laptop als vorher (hör gerade Hape Kerkelings ?Ich bin dann mal weg!?, zum Schreien, das!; übe mich nebenher fleißig im Transponieren im Notenheftchen, aber so ein richtiges (englisches) Buch wär halt schon was Nettes. Vielleicht kann ich mal nach Kingston fahren, das ist kurz vor Hobart. Das Problem ist nur, dass es sonntags keine Busverbindung gibt und wir samstags vermutlich arbeiten müssen. Mal schauen, vielleicht find ich ja einen netten Menschen mit Auto.

Freitag, 9. Januar 2010
Was für ein Tag! 10 Stunden Kirschen sortiert und zu allem Überfluß auch noch extrem schlecht geschlafen. Also bin ich heute abend ins Zelt im Garten gezogen, wo ich jetzt von Mossies aufgefressen werde. Naja, was solls.

Samstag, 9. Januar 2010
Juhu, direkt neben dem Zelt ist ein Hühnerstall und Herr Hahn hat mich pflichtbewusst und ausdauernd ab viertel nach drei alle 15 Minuten laut krakeelend geweckt. Hmpf. Dabei hätt ich so schön schlafen können bis sieben Uhr...
Nun denn, mehr oder weniger gerädert ging es dann zur Arbeit (am Samstag, wohlgemerkt), wo sich heraus stellen sollte, dass das zu allem Überfluss auch noch ein sehr langer, nämlich 11,5 Std., Arbeitstag werden würde.
Und zur Krönung bin ich gefeuert werden. Die Begründung war, ich wäre zu langsam. Jetzt muss man sich das so vorstellen: Riesenhalle, darin Fließbänder, auf denen die (im Chlorwasser gekühlten) Kirschen nach Größe sortiert landen und dann von den Arbeitern nach den Kategorien essbar, zu Marmelade verarbeitbar und Schweinefutter sortiert werden.
Das größte Problem ist, dass es drei unterschiedliche Fließbänder pro Station gibt: eines, auf dem die Kirschen ankommen (von links nach rechts), ein zweites, auf das die zweitklassigen Kirschen drauf gelegt werden (das läuft langsamer als das normale UND von rechts nach links) und dann gibt?s noch eine Pipeline, in der Wasser fließt, mit dem das Schweinefutter weggespült wird.
Der Wechsel zwischen den Geschwindigkeiten und der Tatsache, dass das hintere Förderband genau am Rande des Gesichtsfeldes läuft, hat nicht nur mir zu schaffen gemacht. Da wird einem notgedrungen am Anfang schwindelig und schlecht (mir fällt die Übersetzung für ?motionsick? nicht ein).
Dann kommt noch dazu, dass die Luft extrem trocken ist und ganz stark nach Chlor riecht. Wegen der Trockenheit war ich nur am Trinken (wenn gerade mal keine Kirschen vorbeikamen, natürlich), sonst wär ich wohl umgekippt.
Heute hatte ich nach einem Wechsel von einem links- zu einem rechts laufenden Band so starke Kopfschmerzen, dass ich fast umgekippt wäre, wollte der Aufseherin sagen, dass ich eine Aspirin holen gehe, aber sie war nicht auffindbar. Also hab ich gewartet, bis keine Kirschen mehr kamen, bin in die Küche gespurtet und hab die Aspirin geschluckt. Als ich wieder zurück gespurtet kam, kam besagte Aufseherin auf mich zu geschossen, von wegen ich wäre viel zu langsam und dann bräuchte gar nicht da sein. Aber mehr nicht. Auf meine Reaktion hat sie gar nicht gewartet und als um viertel nach sieben dann endlich Zapfenstreich war, hat der Chef mir mitgeteilt, dass es ihm das Herz bricht, aber er sich leider von mir trennen muss, weil meine Perfomance nicht ausreichend war.
Tja. Ob das Geld reicht für ein Auto, muss ich noch ausrechnen, sollte fast klappen, waren immerhin 40 Stunden, was knapp 500 Dollar sein sollten.
Morgen geht?s dann weiter nach Hobart und dann mal schauen.
Erstmal Tasmanien bereisen und Urlaub machen und in Westaustralien dann wieder nach Arbeit suchen.

Donnerstag, 14. Januar 2010
Seit heute morgen bin ich in Coles Bay, nachdem am Dienstag in Triabunna nichts außer einem sensationellen Sonnenuntergang zu bewundern war und gestern in Bicheno die Pinguinparade.
Bicheno ist ein nettes kleines Fleckchen mit 600 Einwohnern und einem Caravanpark mit fantastischem Blick übers Meer. Dort hatte ich ein 8-Bett-Zimmer ganz für mich alleine, was ich natürlich sehr genossen habe. Heute in Coles Bay ist es wieder ein (voll belegtes) Viererzimmer.
In Bicheno hab ich gestern abend die Pinguin-Parade besucht, was sehr süß war. Fotos gibt?s hier: http://www.bichenopenguintours.com.au