Ein letztes Mal ruhig angehen lassen

03.October 2010 - Perth


Seit 10 Tagen bin ich nun in Perth und es gibt wieder einiges zu erzählen. Mein Flug von Adelaide nach Perth ging sehr früh morgens, so dass ich schon um 4:30 Uhr aufstehen musste. Beliebt macht man sich mit so einer Aktion in einem 8-er Schlafsaal allerdings nicht grade.

In Adelaide war es morgens noch gefühlte 12° Grad, in Perth ging es dann allerdings endlich los mit dem australischen Wetter, wie man es sich vorstellt. 28°C, blauer Himmel und ich durfte mir mit meinem 25kg-Koffer, bekleidet mit langer Hose und Pullover erst mal einen abschwitzen. Aber das hat dann auch nicht weiter gestört, im Hostel direkt auf Shorts und Shirt umgestiegen und seit dem auch nicht mehr gegen wärmere Kleidung getauscht.

Wie ich bereits im letzten Blogeintrag erzählt habe, hat mich mein Boss noch ins Office gefahren und mich allen vorgestellt. Die Lage des Office zu beschreiben fällt mir nicht ganz leicht, da die Städte hier alle eine andere 'Struktur' haben. Mit dem Auto liegt das Office etwa 20 Minuten vom Zentrum entfernt, was für die Verhältnisse hier noch recht zentral ist. Am ehesten könnte man es noch als Mischung aus Gewerbegebiet und Rasthof an einer Autobahn bezeichnen. Denn irgendwie ist alles auf eine gewisse Weise belebt, obwohl m an dort keine Menschenseele zu Fuß gehen sieht, sondern alle mit ihren Autos durch die Gegend fahren.

Ich war zwar noch nicht in den USA, trotzdem wage ich mal zu behaupten, dass hier vieles sehr amerikanisch ist. In näherer Umgebung meines Office gibt es Diners, Cafés, Supermärkte und unzählige Fastfood Restaurants (selbstverständlich mit Drive-Thru). Aber weit und breit keine Wohnhäuser. Die Leute fahren also alle mit dem Auto und irgendwie wirkt das auf mich total ungewöhnlich.

Ich habe die ersten Tage in Perth sehr ruhig angehen lassen, da ich mich fürs erste nicht um Auto und Wohnung kümmern muss. Ich habe daher auch bisher auch leider nicht viele Fotos geschossen. Aber dafür bleibt ja noch genug Zeit.

Letztes Wochenende habe ich dann seit langer Zeit mal wieder mit meinem Supervisor telefoniert. Eigentlich hatte ich nur ein paar formelle Fragen an ihn, aber er meinte ich soll direkt mal zum BBQ in sein Apartment vorbeikommen. Gesagt, getan. Das BBQ war richtig nett. Wir waren nur eine kleine Runde, bestehend aus seiner Freundin, seinem Mitbewohner, seinem Bruder und Freundin, sowie ihm und mir. Mein Supervisor heißt Carsten und ist 28 Jahre alt. Der geringe Altersunterschied ist ziemlich gut. Bei ihm haben wir dann den Simpsons Movie geguckt, Tekken und Fifa auf der PS3 gezockt und am Ende noch Werder über Livestream auf dem Großbild-TV geschaut. Ein echt gelungener Abend. Ich kanns immer wieder nur wiederholen: Hier ist alles lockerer und entspannter. Allein die Tatsache, dass es hier keine 'Sie-Form' gibt, macht alles direkt viel angenehmer und persönlicher. Siezen ist fürn Arsch, denn es schafft meistens nur unnötige Distanz. Und wer behauptet, dass das was mit Respekt zu tun hat, dem kann ich nur sagen, dass es deutlich bessere Wege gibt jemandem seinen Respekt entgegenzubringen als ständiges siezen.

Okay, weiter im Text. Ich habe die vergangene Woche ziemlich viel Garnichts gemacht und viel auf der Couch gelegen und die über 200 Kanäle im Pay-TV genossen :D
Außerdem musste ich auch mal ein paar normale Dinge erledigen, z.B. Business Hosen kaufen, da Jeans im Office leider doch nicht okay sind. Habs auch endlich mal geschafft mir eine Sonnenbrille zuzulegen und neue Shirts.

Ich habe hier auch mal wieder angefangen zu lesen, was ich zuhause so gut wie nie tue. In den Hostels stehen immer jede Menge Bücher rum, die andere Backpacker hier zurückgelassen haben und man sich einfach nehmen kann.

Natürlich hab ich dennoch schon einiges von Perth gesehen. Ich war am Swan River, an einem der unzähligen Strände und in Fremantle
http://en.wikipedia.org/wiki/Fremantle
(20km entfernter Stadtteil mit dem Hafen). Perth gefällt mir bisher sehr gut, wobei ich noch gar nicht so genau sagen kann woran es liegt. Vielleicht einfach am absolut genialen Wetter, denn geregnet hat es bisher noch nicht und bewölkt ist es wenn überhaupt nur kurz. Insgesamt wirkt die Stadt im Zentrum und in den näheren Suburbs auch etwas europäischer. Keine 6-spurigen Straßen und zubetonierte Flächen. Überall gibt es kleine Grünflächen und die Straßen sind enger, wodurch es gleich eine etwas andere Atmosphäre bekommt. Das Partyviertel Northbridge
http://en.wikipedia.org/wiki/Northbridge,_Western_Australia
wirkt auf mich auch sehr gut. Recht groß, immer was los und sehr vielfältig. Dort kann man sich stumpf betrinken und abfeiern oder im Jazzclub fein essen gehen.

Ich war also letzte Woche am Scarborough Beach
http://en.wikipedia.org/wiki/Scarborough,_Western_Australia ,
ein beliebter Strand bei jungen Leuten, sowohl zum Schwimmen als auch zum Surfen. Als ich da war, fand dort auch grade ein Surfwettbewerb statt.

K N arbeitet hier auch teilweise mit Hamburg Süd zusammen und in deren kleinem Office in Fremantle ist auch ein deutscher Praktikant. Mit ihm und noch einem Freund von ihm bin ich das Wochenende über in Margret River
http://en.wikipedia.org/wiki/Margret_River
gewesen. Margret River ist kleiner Touristenort etwa 300 km südlich von Perth. Dort gibt es tolle Strände, viel Wein, viel Wildnis und alles was sonst noch so dazu gehört. Dort haben wir am Samstag eine 'Bushtucker Tour' gemacht. Dabei sind wir den Margret River mit Kanus einige hundert Meter raufgefahren und haben die Gegend etwas erkundet.
Die Gesamte Küstenregion dort ist durchzogen von sogenannten ?Caves?. Das sind unterirdische Tropfsteinhöhlen, die wir auch besichtigt haben.

Während der Tour gab es dann kleine Kostprobendavon, womit sich die Aborigines früher ernährt haben. Merkwürdige Früchte, Pflanzen, Nüsse usw. Alles nicht grade lecker, dafür waren die Gesichter der angewiderten Tour Teilnehmer umso lustiger. Das Highlight war das verspeisen einer riesen Larve. Ich hab das natürlich auch mitgemacht und es war gar nicht so schlecht. Sehr zart und schmeckte wie Haselnuss. Mmhhhhh lecker ;) Dazu gab es dann noch diverse andere leckere Dinge, wie Emu-Fleisch, was ich auch zum ersten Mal probiert habe.

Heute Morgen haben wir dann noch eine Mountainbike-Tour gemacht. Wie einige ja vielleicht wissen, liebe ich Mountain-Biken und darum war das auch mein Highlight des Wochenendes. Richtig schön Cross-Country, All-Mountain und teilweise auch Downhill. Wir sind durch den Wald gerast über schmale Pfade, die gespickt waren mit selbstgebauten Hindernissen. Teilweise nur kleine Baumstämme, manchmal auch 1,5m hohe Rampen und Jumps. Danach waren wir wirklich kaputt, wir haben irgendwie auch vergessen vor der Tortur zu Frühstücken, was natürlich keine gute Idee war.

Ich bin also nun seit einigen Stunden in meinem neuen und mittlerweile dritten Hostel hier in Perth. Das erste musste ich verlassen, weil es ausgebucht war. Und in das hier bin ich nun gezogen, weil es näher an der Wohnung von Carsten ist, der mich morgen mit zur Arbeit nimmt.

Und damit nochmal zur Arbeit. Morgen ist mein erster Tag! Ich bin gespannt, aber dass ich mich auf die Arbeit freue, kann ich nun auch nicht behaupten, denn jetzt ist die Reise-Zeit hier in Australien für mich wohl vorbei. Aufgeregt bin ich nicht, aber das bin ich eigentlich auch selten bei so etwas. Eigentlich ist alles so wie immer, außer dass ich mir vorhin beim Hemden bügeln ziemlich einen abgebrochen habe :D

Die Teile sahen nach über einem Monat im Koffer auch wirklich mitgenommen aus?

Eigentlich wollte ich auch schon längst nicht mehr im Hostel sein, sondern bei meinem General Manager einziehen. Allerdings muss da im Gäste Bad noch was gemacht werde, weshalb ich da erst nächstes Wochenende rein kann. Das ist das einzige was mich derzeit nervt. Aus dem Koffer zu leben reicht langsam und auch das ständige wechseln der Unterkunft ist blöd, da ich mich in dem letzten Hostel sehr wohl gefühlt habe. Das hier scheint aber auch sehr gut zu sein, aber darum geht?s ja nicht. Hier sind natürlich auch mal wieder 50 Prozent Deutsche am Start. Aber auch das ist nix neues.

Hier hab ich das Glück, dass ich alleine in meinem Schlafsaal bin, so dass ich heute Nacht in Ruhe schlafen kann und mich schön ausbreiten kann mit meinen Sachen.

So, ich werd mich dann mal ins Bett hauen und morgen hoffentlich einen guten Start haben. Wünscht mir viel Erfolg!

Tom