Geldprobleme und Heimweh

30.September 2013 - Cairns


Auch wenn es sich vielleicht nicht danach anhört, habe ich ab Tag 13 langsam die Kurve gekratzt. Am Tag 12 waren wir bei den Behana Falls und von da an hab ich mich wieder verstärkt der Jobsuche gewidmet. Mein Geld ging langsam aber stetig gegen Null und von Ausflügen, Feiern gehen und nichts tun wurde es nicht mehr. Ich hab mich da total verkalkuliert. Vor der Reise hätte ich nie gedacht, dass es hier so teuer ist und ich nach dem Roadtrip nur noch so wenig übrig haben würde. Jedenfalls wurde mir klar, dass ich vielleicht nach hause fliegen muss, wenn ich nicht bald einen Job finde. Und mir gefällt es hier, ich will nicht wieder zurück!
Versteht mich bitte nicht falsch, ich vermisse euch. Die Leute, Freunde, Familie, die ich jetzt so lang nicht gesehen habe, die ich so lang nicht sehen werde. Aber hier trifft man so viele coole neue Leute, dass man gar nicht daran denkt. Manchmal kommt so ein melancholischer Moment, in dem man sich fragt, was wohl gerade zuhause abgeht, aber dann kommt der nächste zur Tür rein und fragt, ob man mit zur Lagune kommen will und man vergisst wieder die Welt, die zuhause auf einen wartet. Diese Welt ist vertraut, ich kenne sie sehr gut, sie gibt mir Schutz, Geborgenheit, Sicherheit. Aber ich will eine andere Welt sehen, die Welt da draußen. Die Welt voller Abenteuer, voller fremder Menschen, voller Dinge, die entdeckt werden wollen und voller Erfahrungen, die erlebt werden wollen. Die Welt, die man nicht komplett kennen kann. Die Welt die so groß ist, dass es unerreichbar bleibt sie ganz zu erkunden. Aber genau das ist ihr Reiz: Es gibt so viel zu sehen da draußen, also sollte man sich einfach auf machen, sein Leben leben und neue Dinge entdecken. Es ist wichtig irgendwo eine sichere, geborgene, bekannte Welt zu haben. Einen Heimathafen, zu dem man immer wieder zurück kann. Aber ich vermisse diese bekannte Welt zur Zeit kein Stück. Hier liegt meine neue Welt, die ich dieses Jahr erforschen werde. Hier liegt mein Horizont, den ich dieses Jahr erweitern will. Genau hier will ich sein, nicht wissen was morgen kommt, ins blaue hinein leben. Den Tag an der Lagune verbringen, mit neuen Menschen aus aller Welt ins Gespräch kommen. Oder ins Nichts fahren nachdem man das Auto 3 mal anschieben musste und dort von einer 5 Meter-Klippe springen. Das sind die Dinge an die ich mich in 30 Jahren erinnern werde, über die ich lachen werde und die erlebe ich nicht in meiner schon bekannten Welt. Dort ändert sich nicht viel, meistens bleibt alles gleich. Natürlich gibt es auch dort einen Wandel, aber das was man auf Reisen für Wandel erlebt, wie man sich selber wandelt, das ist was man für das ganze Leben mitnehmen kann. An was man zurück denkt kann und sagen: Diese Hindernisse habe ich überwunden, daran bin ich gewachsen. Das war zu viel für mich, da hab ich meine Grenzen erleben können. Was mich nicht umbringt macht mich stärker. Wenn mich also keine Spinne beißt, kann ich aus allen anderen Erlebnissen eine Leere fürs Leben ziehen, ob im positiven oder im negativen. Doch diese Art von Erlebnissen finde ich nicht zuhause. Da kenne ich alles schon, deshalb ist es mein geborgener Rückzugsort. Diese Erlebnisse finde ich da draußen.
Aus diesem Grund hab ich in keinster Weise Lust nach hause zu fliegen, weil ich kein Geld mehr hab. Ich habe jetzt die Chance einen Blick von dieser fremden Welt zu erhaschen. Ich kann ein ganzes Jahr machen was ich will, ich kann leben wo es mir gerade passt, ich kann frei sein, Erfahrung sammeln und daran wachsen. Wenn ich wieder zuhause bin, studiert habe, dann einen Job habe, irgendwann ein Haus, Auto, Familie. Man kann in der Regel nicht einfach mal ein Jahr die Welt erkunden. Diese Möglichkeit habe ich jetzt und dann vermutlich nie wieder. Die meisten Leute mit denen ich geredet habe, eigentlich alle, sagen, dass ihre Work-and-Travel-Zeit die Zeit ihres Lebens war. Und die will ich auch haben. Aus diesem Grund verstehe ich euch (meine ehemaligen Klassenkameraden) nicht! Ihr bleibt zuhause, fangt an zu arbeiten, zu studieren. Auch diese Zeit ist toll. Das Studentenleben wird man immer in Erinnerung behalten, das ist was ganz einmaliges. Aber dennoch lasst ihr diese Chance an euch vorbeigleiten. Es ist nicht für jeden was alles hinter sich zu lassen und ins grüne aufzubrechen. Aber was soll passieren? Habt Mut! Ich kann immer wieder zurück. Wenn man es probiert und merkt, dass dieses Leben nichts für einen ist, dann kann man wieder zurück zu seinem festen Hafen. Und man ist schlauer als zuvor, man hat seine Grenzen kennen gelernt, man hat Erfahrung gesammelt. Und anschließend kann man auch noch studieren und das Studentenleben genießen. Ich hoffe sehr, dass ein paar von euch die Möglichkeit zwischen Studium und Beruf nutzten, um noch was von der Welt zu sehen. Ihr wisst gar nicht was ihr verpasst! Ja man schläft im 10-Schlafsaal, ja man pflückt Früchte für den Hungerlohn, man kauft die billigsten Nudeln um abends noch Geld für Goon zu haben, aber genau das ist das tolle hier dran. Ich bekomme nicht alles vorgekaut, ich muss selber die Wäsche waschen, mir Essen machen und Geld verdienen. Ich werde eigenständig, komme auf einmal auch ganz alleine klar. Und habe immer Menschen um mich herum mit denen ich über die angebrannten Nudeln lachen kann. Vielleicht reicht euch ja die kleine bekannte Welt und in ihr findet für euch genug Wandel statt. In dieser Zeit nach dem Abi verändert sich ja auch viel. Aber ich denke mir, dass ich in dieser kleinen Welt mein ganzes Leben lang leben werde. Also will ich vorher noch möglichst viele Eindrücke sammeln. Ich verstehe nicht, dass ihr es nicht mal probieren wollt. Ihr habt keine Ahnung was für eine tolle Zeit ihr verpasst. Die Zeit eures Lebens.
Das hab ich in einer Facebook-Gruppe gefunden:

1. No life is truly worth living without seeing the beauty of our planet. ?To Travel is To Live? ? Hans Christian Andersen.
2. Recent studies have found that money spent on travel is more likely to make you much happier than money spent on material wealth.
3. You`ll eventually forget about your $500 iPhone but you`ll never forget the first time you saw a breathtaking mounting range, your first steps on some of the world`s most spectacular beaches, your fist dive into the ocean, your first stroll through some old town in a country far far away?
4. The Length of your trip doesn?t affect your post trip happiness. A short trip will make you feel just as happy. Sometimes a weekend is all you need.
5. Studies have also shown that travelers get along with people better, and often feel less anxiety in everyday social situations.
6. Couples that travel together show increased intimacy. The best travel accessory is always the person you love.
7. Trips can change history. Darwin was inspired by traveling to the Galapagos. The Guevara found himself biking across South America. Colombo got lost and discovered America
8. The only big cost for traveling to a distant country or another continent is the airplane ticket. A body massage in Bali is only $6. A dinner out in Korea is 10$. And, while visiting England you can stay in a real medieval castle for $150 a night.
9. Travel can make you smarter as a person. Those who travel often are better problem solvers. I think it`s time for you to hit the road! What do you think?

Ich kann natürlich von einem Schlangenbiss sterben, ihr habt recht. Daran sterben in Australien immerhin 1,4 Menschen pro Jahr. Auf die Einwohner hochgerechnet ist es 10 mal wahrscheinlicher im Lotto zu gewinnen, als einer dieser 1,4 Menschen zu sein. An Reitunfällen sterben 10 Leute im Jahr, damit ist das Pferd gefährlicher als die Schlangen. Die Biene ist weltweit das für Menschen gefährlichste Tier. Da viele Menschen allergisch sind, ist die Biene das Tier, was jährlich die meisten Todesopfer fordert. (Ob die Daten zu hundert Prozent stimmen weiß ich nicht, ich hab das in einem Artikel gelesen, der mir gut recherchiert schien)
Also wird mich Australien hoffentlich nicht umbringen :-D

Aus diesen Gründen will ich die Zeit meines Lebens nicht abbrechen müssen, weil mein Geld alle ist. Das könnte ich mir vermutlich nicht verzeihen. Ich meine ich habe schon viel gesehen und erlebt, aber jetzt schon nach hause zu fahren wäre extrem schade. Deshalb habe ich ab Tag 13 wieder die Kurve bekommen. Das Leben hier ist schön, ich erlebe viel, aber ich will auch noch länger hier bleiben. Also muss ein Job her. Nur vielleicht hat es schon der ein oder andere rausgelesen: In Cairns ist die Jobsuche verdammt schwierig!

Also musste ich langsam über Alternativen nachdenken: Ich könnte mir eine White Card holen. Die bekommt man nach einem Sicherheitstraining, sie kostet 70-120$ und man braucht sie, um auf Baustellen zu arbeiten. Dort bekommt man auch deutlich mehr Geld. Aber im Internet habe ich genau so wenig Jobs gefunden für die ich eine White Card brauche, wie Jobs für die ich keine brauche. Mein größtes Problem ist, das ich die Schule fertig habe, aber keine Ausbildung und fast keine Berufserfahrung. Das macht es verdammt schwer an die paar Jobs zu kommen, die doch irgendwo auftauchen. Die nächst Option wäre einfach in eine andere Stadt zu fliegen und dort auf Suche zu gehen, aber der Flug würde echt teuer werden und ob ich wo anders einen Job finde ist auch fragwürdig. Allerdings ist die Jobsituation überall besser, als in Cairns so wie das hier aussieht. Eine andere Möglichkeit ist direkt zu den Farmen zu fahren und dort nachzufragen. Wenn man sagt: hier bin ich ich kann morgen anfangen, bekommt man den Job sehr viel eher, als wenn man anruft und noch Meilen weit weg ist. Da wäre es wieder einmal von Vorteil ein eigenes Auto zu haben. Westlich von Cairns, also weiter im Landesinneren liegen Mareeba, Atherton, Tolga. Südlich gibt es Tully und Innisfail. An diesen Orten gibt es viele Farmen, vor allem Bananenplantagen.
Diese Gedanken machte ich mir also, dachte über Alternativen nach, aber keine davon überzeugte mich. Und so vergingen die Tage...