Hallo ihr Daheimgebliebenen bzw. "Salama aho" wie man hier auf der viertgroessten Insel der Welt, Madagaskar, zu sagen pflegt.
Seit zwei Wochen sind wir hier nun in Fort Dauphin, einer Stadt ganz im Suedosten Madagaskars. Jeder einzelner Tag ist vollgepackt mit Erlebnissen und neuen Eindruecken. Eine fuer uns komplett andere Kultur, die sich in fast allen Dingen von unserer westlichen Kultur unterscheidet. Unserer erster Kulurschock den wir auch nach diesen ersten 2 Wochen ersteinmal verdauen muessen indem wir uns so gut es geht Tag fuer Tag versuchen an diese fremde Umgebung zu gewoehnen.
Aufregend allein ist schon der Kontakt mit den Einheimischen wenn man als Weisser einfach nur durch die Strassen laeuft. Dabei sind es nicht die Madagassen die anders wirken mit ihrer dunklen Hautfarbe, Ihrem Aeusseren Erscheinungsbild und der komplett andere Sprache. Wir sind es, die wie bunte Hunde aus der Menge stechen. Als Europaeer fuehlt man sich hier wie eine Art Alien. Es vergeht somit nicht ein Tag an dem wir durch die Strasse laufen ohne dass wir mindestens 1 Mal aus irgendeiner Ecke mit dem Ausdruck ??Vazah?? (was soviel wie Weisser, Auslaender oder Fremder bedeutet) gerufen werden. Nicht selten drehen sie sich nach dir um oder bleiben stehen um dich regelrecht anzustarren. Einige Kinder oder sogar Erwachsene haben sogar Angst vor uns, weil sie noch nie einen Weissen gesehen haben. Dies ist vor allem in den Provinzdoerfern auf dem Land der Fall von dem wir schon eines besichtigen konnten. Andere laufen kichernd an einem vorbei und rufen "bonjour vazah", oder "salama vazah". Fuer die Einheimischen stellen wir sozusagen laufende Geldsaecke dar und die meisten koennen auch nicht verstehen warum wir nach Madagaskar kommen wenn es uns zu Hause doch so gut geht.
Wenn man bedenkt, dass ein Madagasse im Durchschnitt 300 Euro im Jahr verdient kann man auch verstehen dass wir hier als Millionaere betrachtet werden. (Welche wir uebrigens hier auch sind denn Eine Millionen Ariary der Landeswaehrung sind gerade mal 400 EUR). Luxus fuer diese Menschen hier in der Stadt ist eine richtige Toillettenschuessel statt ein Loch im Boden zu besitzen, eine Duschkabine mit kaltem Wasser anstatt eines Flusses oder des Meeres zu haben und Strom aus einer Steckdose beziehen zu koennen. Die Durschnittsgroesse eines Einfamilienhuettchens ist so um die 20 qm die provisorisch aus Wellblech und Sperrholz zusammengezimmert wurden. Dabei ist Wellblech bereits nur den Wohlhabenden Familien vorbehalten. Der Groesstteil der Daecher wird mit Palmblaettern gebaut. Ausser ein paar Hotels und Regierungshaeusern, bestehen alle Hauser aus Holz. In der Provinz bestehen die Huetten aus Stoecken und Lehm.
Die Madagassen scheinen keine bestimmte Art und Weise zu haben wie sie sich Kleiden. Meist tragen sie die Kleidung die in Europa in der Altkleidersammlung gelandet ist. Die Hautfarbe und das Aussehen der Madagasssen ist eine Mischung zwischen Afrikanern und Indunesier. Die meisten Frauen flaechten ihre Haare zu viele kleine Zoepfchen und die Maenner tragen meist sehr kurze Haare.
Gekocht wird hier ausschliesslich ueber dem Feuer, meist draussen auf eine Feuerstelle. Die Nahrung der Madagassen scheint ziemlich einseitg zu sein. Hauptnahrungsmittel ist Reis, Reis zum Fruehstueck, zu Mittag sowie auch zum Abendbrot. Oder auch Manjock. Eine Kartoffelart, die ein bisschen wie Maronies schmeckt. Dazu gibt es meist entweder Fisch oder Fleisch. Und bei etwas Reicheren Familien gibt es manchmal auch Nudeln, eine Sosse oder etwas Gemuese. Als Nachtisch und fuer zwischendurch gibt es dann Bananen oder ziemlich saure Orangen. Wir beide haben hier bestimmt schon zwei bis drei Kilo verloren. Wir verzichten hier echt auf vielerlei Nahrungsmittel. Haupsaechlich unserer Gesundheit zuliebe. Taeglich traumen wir jetzt schon von Pizzas, Pastagerichten, Salaten und Doenern. Wenigstens koennen wir uns leisten morgens Baguettebrot mit Marmelade oder konserviertem Kaese zu fruehstuecken. Ansonsten gehen wir auch des Oefteren fuer wenig Geld Essen. Dort koennen wir uns wenigstens aussuchen ob wir Reis, eine Suppe oder Nudeln essen wollen. Die Preise fuer ein Gericht bewegen sich zwischen 1-4 Euro. Wenn man 4 Euro fuer ein Gericht zahlt sitzt man schon in einem Vazah Restaurant, denn kein Madagasse koennte sich solch ein Essen leisten. Und um ehrlich zu sein, dass Essen hier ist nicht wirklich sonderbar ausergewoehnlich oder gut. Man schmeckt sozusagen die Armut. Aber selbst wenn wir unsere eigenen Lebensmittel kaufen wollen wird es schwierig, nicht nur weil wir uns sehr schlecht Verstaendigen koennen (zum Glueck sprechen unsere Freunde Franzoesisch), sondern auch weil das Angebot an verschiedenen Lebensmitteln so rar ist und es keinen Supermarkt gibt. Lebensmittel wie Gemuese oder Getreide, Fleisch und Fisch bekommt man auf dem Markt. Dort gibt es eine riessen Auswahl an Holzhuettenstaenden mit verschiedestem chaotisch geordneten Warensortiment so auch neben Lebensmitteln Billigelektronik aus China, Kleidung und Ersatzteile die bei uns fuer Schrott gelten wuerden. Lebensmittel sind somit natuerlich den ganzen Tag der Hitze ausgesetzt. Meist haben wir hier so um die 30 Crad. Die Fleischabteilung des Marktes habe wir bis jetzt immer nur von aussen betrachtet?schon beim Geruch und Anblick wird einem etwas mulmig im Magen. Gekuehlte Lebensmittel gibt es hier einfach nicht. Keine Milchprodukte oder aehnliches. Nur vereinzelte kleine ueberteurte Tankstellen verkaufen mal Eis oder konservierten Kaese.
Ein weiteres grosses Tagesthema bei Fanny, Gwen, Sven und Raphaela ist unser Verdauungsvorgang denn immer wieder haben unsere verweichlichten Maegen mit der Nahrung hier zu kaempfen die im Gegensatz zu zuhause alles andere als steril ist. Die Tatsachen dass es hier so gut wie keine Kuehlsysteme gibt und dass das Nutzwasser welches aus den Haehnen kommt einem Suesswasserfluss entspringt und fuer unsere Verhaeltnisse kontanimiert ist, machen jede Mahlzeit zu einer Art Rollette bei dem man nicht weiss was man am Ende rauskommt :-). Im Grunde wird davon abgeraten rohe Nahrung zu sich zu nehmen. Und das Wasser kommt schon mal gar nicht in Frage weshalb wir unser Trinkwasser ausschliesslich in verschlossenen PET Flaschen kaufen. 1,5 Liter fuer 1600 Ariary somit etwas mehr als 50 Cent. Eine Investition die fuer einen Einheimischen herausgeschmissenes Geld bedeuten wuerde denn dieser hat keine Probleme mit dem Flusswasser. So vergeht kaum ein Tag an dem keiner von uns Durchfall oder Aehnliches zu beklagen hat.
Was die strikte Vegetarierin unter uns angeht (die Ela) so hat diese sich den Umstaenden hier entsprechend versucht anzupassen. Allein vom Reis ohne Gelegenheit zumindest Gemuese oder Salat als Beilage essen zu koennen ist fuer 3 Monate nicht zumutbar. Daher hat sich Ela gezwungen gefuehlt sich Essenstechnisch weiterzuentwickeln ohne dabei Ihre Grundsaetze ausser Acht zu lassen. Dabei war nicht allein die Qualitaet des Essens ausschlaggebend, vielmehr hat es der Anstand bei den bisher zahlreichen Einladungen zum Essen verlangt bei denen wir im Kreise der grossen Familie von Gwen teilhaben durften. Daher lagen bisher Zebufleisch (einheimisches Rind), Huhn und reichlich Fisch auf Elas Teller. Wenn es geht versucht Ela vor allem Rind, Schwein und Huhn zu vermeiden. Denn ihr Grundsatz besagt was sie nicht bereit waere zu toeten isst sie nicht und ein Zebu bzw. ein Schwein kommen dabei schon einmal gar nicht in Frage. Beim Huhn ist sie schon einen Schritt weiter gegangen als sie im Begriff war die Klinge bei der Schlachtung eigenhaendig durch die Kehle zu treiben. Aus Unsicherheit ueber die korrekte Durchfuehrung des Schnittes ohne dass das Tier leiden muss hat sie allerdings in letzter Minute das Messer an Gwen uebergeben. Sie war zumindest hautnah dabei als das Tier ohne Qualen binnen weniger Sekunden gestorben ist und war daher auch imstande ein Stueck davon zu Essen.
Es werden wohl noch einige Dinge auf uns zukommen an die wir uns anpassen muessen, aber genau dieser Herausforderung wollen wir uns stellen.
Dies ist der erste Teil unserer Eindruecke von Madagaskar weitere Berichte folgen.