Diese Woche habe ich ungefähr so viele Stunden auf der Arbeit gefehlt wie in der Schule in Klasse 12 und 13 zusammen. Normalerweise habe ich zwei Mal im Jahr eine Erkältung und bleibe vielleicht ein oder zwei Tage zu Hause, wenn es nicht sowieso ein Wochenende ist. Eigentlich dachte ich, dass ich nach über zwei Wochen Leitungswasser und Straßenessen ohne Zwischenfälle schon angemessen an die Keime hier gewöhnt bin. Die Montagnacht hat mir dann leider das Gegenteil bewiesen.
Als ich mich das erste mal übergeben muss, rechne ich mit noch einem Mal und nehme an, dass, wenn alles draußen ist, ich am nächsten Tag normal zur Arbeit gehen kann. Schon nach dem dritten Mal bleibe ich einfach im Bad liegen und lasse die Dusche laufen, da Klo und Dusche Eins sind. Nach dem viereinhalbsten Mal und einem Nickerchen vor der Toilette sehe ich ein, dass ich ein bisschen aussetzen muss. Der nächste Tag ist leider nicht viel besser. Nach wenig Schlaf tut mein Magen immer noch unglaublich weh und beim Gedanken an Essen oder sogar Trinken ist mir ungut. Krankenschwester Roger muss den ganzen Februar nicht in Porto Novo arbeiten, weil er ein Animationsprogramm für Kinder aus Nigeria mitgestaltet. Deshalb hat er diese Woche Zeit und bringt mir Zitronen, die angeblich gegen Bauchschmerzen helfen. Eigentlich weiß ich doch, dass das Quatsch ist. Warum lasse ich mir eigentlich immer was aufschwatzen? Er hatte schon mal Paludisme, eine Form von Malaria. Aber das habe ich nicht, dazu fehlt das Fieber und es würde nach ein paar Tagen zu einem Rückfall kommen.
Nächster Tag, ich gehe zur Arbeit. Etwas Restübelkeit bleibt, aber es geht schon, ca va aller. Ich schlafe eine Stunde mit dem Kopf auf dem Tisch und gehe dann doch um zwei Uhr nach Hause. Nächster Tag, gleiches Spiel. Aber so schlimm ist es eigentlich gar nicht. Komisch nur, dass es bleibt. Laut Nachbar bin ich ja selber Schuld und sollte einfach so viele Medikamente nehmen wie möglich.
Donnerstag. Zwar bin ich wieder zu schlapp, um bis Ende auf der Arbeit zu bleiben, fühle mich aber so gut und so gelangweilt, dass ich mit Roger und Ann-Sophie in die Stadt fahren will, ein bisschen am Strand herumlaufen, der unglaublich dreckig ist, und durch Cotonou schlendern. Cotonou ist wirklich ein riesiger, schmutziger Ameisenhaufen. Feinstaub ist das auch nicht, eher Grobstaub. Die Suspension vernebelt die Abendsonne so stark, dass sie gar keine Chance hat, einen zu blenden. Wir essen so etwas wie vegetarischen Yufka, aber nach der Hälfte muss ich aufhören. Ça va aller. Lieber nach Hause. Roger nimmt mich auf seinem Motorrad mit und wir stecken im dichten Abendverkehr einer kaum oder zumindest nicht offensichtlich geregelten Großstadt fest. Ça va aller? Nein, neeein, ich hüpfe im Stau vom Motorrad und kotze an den Straßenrand. Vor dem zweiten Mal wird mir schwarz vor Augen und mein Kopf fühlt sich an wie unter Wasser; als alles draußen ist, geht es aber wieder. Zu Hause muss ich Orangensaft trinken, weil mich das wieder stark macht. Ja klar, ist ja auch gar nicht sauer oder so. Hilft auch gegen Malaria, wenn man mindestens drei Orangen am Tag isst.
Naja, so schlimm ist es auch gar nicht. Zumindest nicht so schlimm, dass ich heute, am Freitag, nicht arbeiten könnte. Nachdem ich auch noch zusätzlich mit einer fetten Erkältung aufwache, beschließe ich doch, beim Doktor von AfricaRice vorbei zu schauen. Wenigstens braucht man dazu keinen Termin. Er nimmt mich verbal auseinander. Von wegen, dass ich ihm alles sagen muss zu meiner Krankengeschichte, dass ich nicht richtig angezogen bin wegen der Moskitos und so weiter. Für 10.000 FCA wird mir Blut abgenommen. Die Instrumente werden in einem Schnellkochtopf auf einem Gaskocher vor der Tür abgekocht. So viele Clichées. Trotz Doxycyclin kann man Gastrodingsbums-Malaria aka Paludisme bekommen. Wieder gehe ich früh nach Hause, wobei mich heute auch der Ekel der anderen angesichts meiner Rotznase davon überzeugt, dass das besser so ist. Um 4 kann ich den Arzt anrufen und nach dem Ergebnis des Bluttests fragen, dann weiß ich mehr. Eigentlich glaube ich, dass ich eine Magenverstimmung und eine Erkältung habe, mehr nicht. Ça va aller und so. Aber ein bisschen nervös bin ich trotzdem. Noch 2 Stunden.