Am drittletzten Tag meiner Australienreise wird es nochmal Zeit einen Eintrag zu schreiben, indem ich ein paar Worte zu Sydney und allgemein Australien loswerden moechte. Gedanklich bin ich schon dabei, von dem Land, in dem ich 8 1/2 Monate gelebt habe, Abschied zu nehmen.
In Sydney habe ich meine 2 1/2 Wochen genossen, auch mit dem Wissen, dass die kommende Studienzeit sicherlich nicht so viele Freiheiten bieten wird, wie mein vergangenes "gap year" in Australien. Im Prinzip habe ich alle nennenswerten Sehenswuerdigkeiten und Straende angeschaut.
Die weltberuehmte Harbour Bridge ist sehr beeindruckend - auch wenn man den geschichtlichen Hintergrund betrachtet. Im Pylon wird der Bau der Bruecke dargestellt und es wird deutlich, dass die Bauarbeiter damals ein hohes Ansehen genossen. Liegt wohl daran, dass es zu dieser Zeit keine wirklichen Sicherheitsmassnahmen gab und 16 Arbeiter beim Bau der Habour Bridge starben. Neben der Harbour Bridge wirkt das Opera House recht winzig, die Errichtung war aber ein aehnliches grosses Unterfangen. Der Bau hat circa das 10-fache vom urspruenglich kalkuliertem Preis verschlungen. Das Geld sollte die Regierung aber mittlerweile durch den Tourismus laengst wieder reingeholt haben...
Ansonsten kann ich den Botanischen Garten ( liegt im Zentrum - Wolkenkratzer der Deutschen Bank sowie Habour Bridge und Opera House kann man vor dort aus sehen), das ANZAC Memorial, die Art Galery und natuerlich die vielen super Straende empfehlen.
Die Straende Bondi Beach ( Szene-Strand ), Manly Beach ( Strand im Reichenviertel Sydneys ), Shelly Beach ( perfekt zum Entspannen ) und Coogee Beach tragen auch dazu bei, dass Sydney meine Lieblingsstadt in Australien ist. Zudem gibt es sehr viele Nationalparks, wodurch man dem hektischen Grossstadtleben immer mal wieder entfliehen kann. Sehr zu empfehlen sind auch die Blue Mountains, die ich nach knapp 2 Stunden Zugfahren erreicht habe. Der blaue Dunst ueber den Bergen, hervorgerufen durch den Eukalyptus, ist wohl einmalig in der Welt.
Auch mein Hostel (Billabong Gardens) in Newtown hat dazu beigetragen, dass meine letzten Wochen in Sydney richtig gut waren. Da es ein kleines Hostel ist, herrscht hier eine sehr gute Atmosphaere und man trifft sehr viele nette coole Leute. Am Wochenende und auch unter der Woche sind wir des Oefteren unterwegs gewesen.
Sydney ist fuer viele Leute, die ich hier in Australien kennengelernt habe, die letzte Station oder der Abflugort fuer die Weiterreise nach Neuseeland, Thailand etc... Ich habe u.a. Christoph und Lisa aus dem Working Hostel von Pemberton, meinen englischen Travelmate James von der Ostkueste und Katharina aus Melbourne wiedergetroffen. Man hat hier einige Bekanntschaften in OZ geschlossen und es ist natuerlich schon traurig, dass man die meisten wohl nie wieder sehen wird.
Des Weiteren moechte ich noch ein paar Eindruecke bezueglich der Australier schildern.
Da ist zum Einen der Patriotismus zu erwaehnen. Die Australier sind total stolz auf ihr Land, was aufgrund der kurzen Geschichte und dem Faktum, dass es als Einwanderungsland ein mit Nationen durchmischtes Land ( Asiaten wie Sand am Meer) ist, schon verwundernd ist. Ganz stark wird der Patriotismus bei den Nationalfeiertagen deutlich. Zum Beispiel habe ich mir die Parade zum Anzac-Day in Sydney angeschaut, und konnte dabei zu sehen, wie sich 90-jaehrige Ex-Soldaten ueber die Strasse schleppten. Der Stolz auf das Land und sich selbst war wohl zu gross, um in den bereitgestellten Armeeautos mitzufahren. Ein Grossteil hat den Kilometer langen Marsch schliesslich ueberstanden. Ob der Patriotismus positiv oder negativ zu bewerten ist, moeche ich hier nicht entscheiden. Fakt ist auf jeden Fall, dass sie bei den grossen Kriegen fuer die richtigen Gruende gekaempft haben. Das ist bei uns Deutschen nicht der Fall und aus dem Grund gibt es wohl auch keine Nationalfeiertage, bei den alle Strassen in allen Staedten voll mit Deutschlandfahnen sind.
Wenn man den Australier charakterisiert, muss man zwischen den Staedtern und Landbewohnern unterscheiden.
Auf dem Land traeumt auf jeden Fall jeder Mann von einem eigenen Boot, mit dem in den Urlaub fahren kann und Angeln gehen kann.
Vor allem Toyota ( mein Stationbesitzer aus dem Outback hatte vermutlich 20 Toyota-Autos ) ist auf dem Land populaer, in der Stadt scheinen bei den Reichen auch BMW, Porsche, VW und Audi sehr angesagt zu sein. Auffaellig in den Zeitschriftenlaeden in kleineren Staedten und Dorfern sind auf jeden Fall die vielen 4WD-Magazine und Angelmagazine. In Deutschland wuerde sich glaube ich kaum einer im besonderem Mass fuer diese Themen interessieren.
Viele Farmenarbeiter auf dem Land sind Drogen-/Alkoholabhaenig. So hatte ich auf meiner Avocado-Farm in WA einen Mitarbeiter, der bereits alle Drogen in seinem
Leben durchgetestet hat. Natuerlich gibts solche Menschen auch in den Staedten, aber es nicht so auffaellig. In den laendlichen Gebieten faehrt jeder Fuenfte unter Alkoholeinfluss Auto...
Was die Zeitungen auf dem Land angeht, kann man nur den Kopf schuetteln. Sie sind definitiv 10 Mal schlimmer als die OV. Weltliche Nachrichten gibt es im Prinzip gar nicht, stattdessen wird von irgendwelchen Geburten und Hochzeiten berichtet. Schoen, dass sich die Heraldt Sun aus Sydney auch um Themen aus aller Welt kuemmert.
Aufgefallen an den Stadtmenschen ist mir, dass viele Frauen extremen Wert auf das Aussehen legen, sodass es hier riesige Kosmetiketagen in Kaufhaeusern gibt.
Zudem faellt die maennliche Seite teils durch Machogehabe auf. An den Straenden werden die Muskeln praesentiert (da muessen Steroide im Spiel sein).
Die Maenner lieben das Biertrinken, geben dabei aber auch zu, dass das deutsche Bier dem Australischen um Einiges voraus ist.
Was die australische Regierung bewegt, ist die Fettleibigkeit der Australier. Laut neustem Stand ist Australien wohl die dickste Nation der Welt - trotz vieler Sportverrueckte in den Staedten. Deshalb gibt es z.B. zahlreiche Werbespots im Fernsehen.
In Staedten wie Sydney und Melbourne faellt es jedoch auf,dass es sehr viele Australier super sportlich sind.
Positiv aufgefallen ist mir die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit vieler Australier. So wird sich beispielsweise selbst in Sydney beim Busfahrer des Linienbuses bedankt. Auch Touristen, die an einer Ampel stehen und darueber diskussieren, wie man zu einer Sehenswuerdigkeit hinkommen kann, wird von den Australiern ohne jegliche vorangehende Frage weitergeholfen.
Was Australien als Reiseland anbetrifft, muss man die Vielseitigkeit des Landes hervorheben. Die Landschaft und die Tierwelt ist so verschieden im Vergleich zu Europa und selbst auf dem Kontinent Australien variiert das Landschaftsbild von Region zu Region. Besonders als Einstieg ist Australien sicherlich ein gutes Reiseland, weil man hier sein Englisch verbessern kann und es hunderprozentig zu keinem kulturellen Schock kommt. Da liegt aber auch mein Kritikpunkt an Australien. Vom kulturellen her betrachet, tut sich nicht viel zwischen Deutschland und Australien. In Zukunft wuerden mich eher Laender wie Indien ( vor allem nach dem ich Shantaram gelesen habe), Japan ( wo ich nun einige Freunde habe) und Kontinente wie Afrika und Suedamerika interessieren, wo man auch mit den globalen Verlierern in Kontakt kommt.
Weiter zu kritisieren ist die touristische Ostkueste. Nach einigen Bieren kann man sicherlich denken, dass man gerade in einer Disco der spanischen Costa Brava steht. Der Unterschied ist nicht gross, was vor allem an dem Backpackerpublikum liegt. Wenn man nicht viel selbst organisieren will, ist die touristische Ostkueste nicht verkehrt, da man die Tourflyer nur noch so um die Ohren geschmissen bekommt. Einige Reiseunternehmer planen auch gerne deine gesamte Reise von Cairns runter nach Melbourne durch.
Alles in allem zeigte sich waehrend meiner Reise, dass der Tourismus nach der Minenarbeit der wichtigste Wirtschaftszweig fuer Australien ist.
Nach einem Gespraech mit einem Amerikaner muss ich auch noch hervorheben, dass es ausserordentlich schoen ist, dass man in Laendern wie Australien und Amerika nicht fuers Pinkeln bezahlen muss. Er war doch recht schockiert ueber die Verhaeltnisse in Deutschland waehrend seiner Europareise ;).
Abschliessend laesst sich sagen, dass ich viele Dinge vermissen werde. Zum Beispiel das in Kontaktkommen mit Menschen anderer Nationen. Waehrend meiner Reise habe ich die verschiedenste Persoenlichkeiten/Mentalitaeten kennengelernt.
- Ein Finne finanzierte sich seine Weltreise durchs Guitarespielen.
- Japaner leisteten enormen Arbeitseinsatz fuer geringes Geld und sagten, dass Geld fuer sich keine Rolle spielt, solange sie genug haben um zu leben.
- Ein Suedkoreaner war schockiert, als ich im Spritgeld geben wollte. Angeblich verlangt man von seinen Freunden niemals Geld fuer Benzinkosten.
- Viele Amerikaner und Australier bringen einem gedultig die Sprache bei...
- Chinesen luden uns nach China ein und waren ueberzeugt davon, dass China bald die Weltmacht Nummer 1 sein wird, weshalb wir chinesisch lernen sollten. Des Weiteren schwiegen sie zu meinen Fragen ueber ihr politisches System. Kritisches Denken ist wohl auch in tausend Kilometer Entfernung zu ihrem Heimatland nicht moeglich.
- Temperamentvolle Suedamerikaner, die sehr lockere Einstellungen haben.
- Junge Israeliten, die von den Zustaenden in ihrem Land sehr genervt sind und nur am Frieden interessiert sind.
- Iren, die ihr Klischee als Saeufernation groesstenteils bestaetigen. Zum Beispiel haben zwei irisches Zimmerkollegen hier in Sydney noch kein Mal die Harbour Bridge bzw. das Opera House gesehen. Stattdessen verbringt man lieber seine Freizeit in irgendwelchen teuren Pubs ( Bierpreise sind hier doppelt so hoch wie in Deutschland).
- Schottinnen, die den deutschen Akzent lieben.
...etcetera, etcetera...
Meine Reiselust ist durch das Traveln in Australien geweckt worden und ich bin gespannt, wo es als naechstes hingeht!!