Crescent City war der Startpunkt unserer Wanderung, denn hier begann der erste Part der sehenswerten Teile des Trails, die Andi Isabel zuvor in verschiedenen Karten eingezeichnet hatte.
Bevor wir jedoch in Crescent City ankamen, schliefen wir eine Nacht bei einem Couchsurfer und eine weitere in einem ziemlich schäbig wirkendem Motel irgendwo im Nirgendwo.
Mein erstes Mal Couchsurfing war unspektakulär. Tylor, bei dem wir schliefen, war super nett und hatte mit seiner Freundin extra Pizza gebacken und am nächsten Morgen Zimtbrötchen besorgt. Ich schlief auf seiner Couch im Wohnzimmer und Isabel auf dem Fußboden mit ihrer Isomatte. Das Einzige, was mich wirklich gestört hat, war der Smalltalk, den wir gehalten haben. Isabel und ich waren sehr müde von der langen Zugfahrt und ich hatte das Gefühl, dass Tylor und seine Freundin irgendwie coolere Leute erwartet hatten, die ihnen stundenlang von ihren Reisen erzählten und Erfahrungen austauschten. Aber dazu waren wir wirklich nicht in der Lage und noch dazu waren wir, glaube ich, nicht so auf einer Wellenlänge, denn das Gespräch war stockend und schleppend und man kam nie wirklich auf einen gemeinsamen Nenner, auf den man hätte aufbauen können.
Letztlich war mir das aber auch herzlich egal, denn wir waren ja nur für eine Nacht dort.
Den folgenden Tag fuhr Tylor uns an den Highway, von dem aus wir per Anhalter nach Medford fahren wollten, um dort entweder den Bus zu nehmen oder weiter per Anhalter zu fahren.
Ich habe mich sehr über Isabel amüsiert, denn sie war noch nie vorher per Anhalter gefahren und ihre Geduld sehr beschränkt. Es waren keine 5 Minuten vergangen, da zweifelte sie schon an dieser Art des Reisens, bis ich ihr erklärte, dass Felix und ich teilweise bis zu 2 Stunden am Straßenrand gestanden haben, bevor wir mitgenommen wurden.
Wir mussten weit weniger warten und gleich der erste Pick-Up Truck, der uns mitnahm, bescherte auch mir wieder eine völlig neue Erfahrung: Auf der Ladefläche eines Trucks sitzen, die Haare im Wind flatternd (wenn ich denn welche hätte) und die Aussicht genießen, sofern der Wind einem nicht die Tränen in die Augen treibt. Gigantisch! Wir fuhren durch die Landschaft Oregons und ich kam nicht umhin sie zu bestaunen, das viele grün, die unendlichen Hügel und Wälder. Isabel meinte, dass sie die Landschaft an Norwegen erinnere, ich kann da nicht mitreden, da ich noch nie in Norwegen war, aber vielleicht kann sich ja einer von euch jetzt besser vorstellen, wie es in etwa ausgesehen hat.
Wir fuhren noch mit einigen anderen Anhaltern und unser erster Eindruck der Amerikaner war durchweg positiv. Alle waren freundlich und interessiert. Der erste Typ, der uns ein bisschen unheimlich war, schenkte uns ein Messer, weil er sich so große Sorgen um unsere Sicherheit machte. Jetzt habe ich endlich ein eigenes Taschenmesser, ziemlich groß und scharf noch dazu, super gelaufen sag ich mal!
Am Abend kehrten wir in ein Motel ein, dass für uns beide zusammen 55 US Dollar kostete, ein wirkliches Schnäppchen, günstiger als die meisten Hostels, die ich bislang bewohnt habe. Überhaupt ist alles in Amerika günstig. Die Preise sind identisch mit den Europreisen, nur dass der Euro viel höher im Kurs steht und für uns alles hier spottbillig erscheint.
An jenem Abend stellten wir fest, dass ich keinen Alkohol kaufen und trinken darf in den USA. Isabel hat mich die gesamte Reise damit aufgezogen, jedes Mal, wenn sie zum Supermarkt latschen musste, um Bier zu besorgen. Es war für mich absolut lächerlich, ich habe überall bislang immer Alkohol trinken und kaufen können und jetzt plötzlich war es verboten. Irrsinn!
Wir kamen am nächsten Tag in Crescent City an, wo wir das Informationscenter des Redwood Nationalparks aufsuchten. Der Redwood Nationalpark befindet sich im Norden von Kalifornien, teilweise direkt an der Küste und erstreckt sich weiter ins Landesinnere. Die Redwoods sind die ältesten und höchsten Bäume der Welt. Die höchsten Bäume stehen zwar nicht hier in Kalifornien, sondern in China, aber es handelt sich um die gleiche Baumart und ehrlich gesagt waren mir die Bäume, die ich gesehen habe, auch hoch genug ;)
Isabel kaufte sich ein Buch über den California Coastal Trail, in dem jeder Abschnitt einzeln beschrieben ist und das uns bei unserer Wanderung sehr weiter geholfen hat.
Wir starteten noch am selben Tag, gingen allerdings noch nicht auf den Trail, sondern nur zu seinem Anfang und hielten nach einem geeigneten Zeltplatz Ausschau. Tatsächlich schliefen wir in jener Nacht in einer Art Höhle, die von Bäumen gebildet wurde, die so verwinkelt waren, dass man von außen nie darauf gekommen wäre, dass sich im Inneren ein Hohlraum befindet. Das Meer war keine 200 Meter entfernt und so sprangen wir zum ersten Mal ausgelassen im Sand herum, beim Sonnenuntergang in Kalifornien.