St. Denis und Quartier Latin

18.May 2013 - Montreal


Ein Sonnabend, der seinen Namen verdient hat, denn die Sonne ist zurück gekehrt und mit ihr und meinem 2. Knochenbrecherbesuch auch meine Beweglichkeit! Ich schnappe mir also voller Freude mein Fahrrad und Düse mit offenen, halbnassen Haaren und meinem Schönwetter-Lächeln los nach Downtown, genauer zur Rue St. Denis, wo heute auf dem Bürgersteig eine Modenschau, Musik, Kunst und was weiß ich nicht alles geboten werden soll. Davon weiß der hübsche Starbucks-Mann nichts und auch sonst macht hier um 14 Uhr noch nichts den Anschein, dass noch Großes vollbracht werden wird. Viel mehr ist hier alles klein und fein. Kleine Boutiquen, Lädchen, der Sushishop neben dem Tatoostudio, daneben der Converseshop und oben drüber die Shishalounge. Eine coole Gegend und weiter oben Richtung Plateau Mont Royal dann auch noch schicke Modegeschäfte einheimischer Designer und leider auch die Liebe meines Lebens: ein türkisfarbener Blusentraum mit Spitze UND Schmetterlingen von einer Designerin aus Montreal just for me natürlich ;) ...
Die Modenschau dazu gibt es nicht so wirklich, dafür einen recht verloren wirkenden Electro-DJ an der Ecke St.Denis, Rue Duluth und Prozente in allen Läden ringsum. Das lässt mich träumen, mehr aber auch nicht. Die schönsten Träume, sind doch immer die unerfüllten, denn sie lassen Spielraum für weitere. Für Tagträume, Hoffnungen, Wünsche, alles in allem: ein Pferd ;)
Ich flaniere die Straße wieder hinunter, koste hier und da einen kostenlosen Tee und fahre schließlich zum Park Lafontaine inmitten der Stadt, wo ich mit Leo, Ianicko, Josianne und Emeline zum Apéro verabredet bin. Der Park ist leider (eigentlich glücklicherweise!) riesig und die anderen zu finden, wird zum Katz und Maus Spiel. Ich die Maus zwischen vielen flirtwilligen Katern, zwischen Tennis-, Volleyball- und Fußballspielern, Menschen auf Slacklines und jenen hinter mitgebrachten BBQ's (zu deutsch: Grill, zu jenenserisch: Rost). Ein buntes miteinander mitten im Grünen und noch dazu mitten in der zweitgrößten francophonen Stadt der Welt, nach Paris.
Als ich die anderen finde, genießen wir zusammen Leos Tapenade (Olivenpampe) und mein Pesto und den Ausblick auf den See - naja, leider ohne Wasser, aber das kann man sich ja vorstellen. Ohnehin kann man sich einiges vorstellen! Das Leben der Menschen, welches sich hinter jeder Treppe hier verbirgt, das Flair von San Francisco (auch wenn ich es nicht kenne, habe ich immer ein 'in the streets of San Francisco Gefühl' hier), aber auch die Traurigkeit des Daseins der Prostituierten, welche eine Straßenecke von uns entfernt auf ihr -so hart es klingt- 'Abendbrot' oder vielleicht ihren nächsten Schuss Kokain warten.
Ich finde dieses Viertel hier einmalig. Man lebt hier mit Kampfhundbesitzern, Studenten, Prostituierten, stummen Chinesen, fetten alten Omas und netten jungen Leuten friedlich nebeneinander, manchmal beinahe miteinander. Irgendwie ein lustiger Mix, der mich an ein Bordell erinnert. Für jeden was dabei. Für mich vor allem viel zu sehen und zu begrinsen.
Auch zum Staunen komme ich heute noch: Leo und Ianicko haben Hummer gekauft, lebendigen Hummer und der macht sich in der Spüle zur absoluten Attraktion für mich, bevor er sein heißes Bad antreten muss. Na dann: guten Hummer!

Erkenntnis des Tages: Hummer haben tatsächlich blaues Blut. Deshalb sind sie vor dem Köchen wohl auch dunkel und bekommen erst auf dem Teller und nach dem Bad (Kopf über) im heißen Wasser ihre rote Farbe.