Fortsetzung "Atherton Tablelands - Traumhafter Paronella Park"
Wir erschienen zum vereinbarten Zeitpunkt am Tauchladen und wurden von dort mit dem Bus zum Hafen transportiert, wo die Taka bereits am Kai lag. Unsere erste Aufgabe bestand darin, mittels Menschenkette das Schiff mit Nahrungsmitteln und Verbrauchsgütern zu beladen. Bierkartons, Klopapier, Bettwäsche, Salatköpfe, Tauchausrüstungen, Brötchen, Motorenöl, alles stapelte sich zuerst an Deck und wurde von dort aus seinem Bestimmungsort zugeführt. An dieser Stelle machten wir den ersten Kontakt mit unseren Kollegen. Als erstes stellte sich uns Allen, der Koch, vor. Er machte auf den ersten Blick einen sehr freundlichen Eindruck, wenngleich seine äußere Erscheinung nicht meinen Vorstellungen eines Kochs gerecht wurden. Ungefähr 45 Jahre, lichtes Haar, verlebtes Gesicht und inmitten diesem fehlten dem armen Kerl zwei Zähne, was die ganze Erscheinung etwas, sagen wir skurril, wirken lies. Die zweite wichtige Person an Bord war Sue. Sie war unsere Anweisungsbevollmächtigte, also direkt für uns zuständig. Sue ist im gleichen Alter wie Allen, schlank, hat ein ebenso recht verlebtes Gesicht und ist permanenter Kettenraucher. Wie sich später herausstellte wohnen Allen und Sue zusammen, was aber nicht heißt das sie sich gut verstehen. Neben diesen beiden gab es die Tauchcrew welche nicht alle namentlich erwähnt werden sollen, einen Bordmaschinisten und einen dickbäuchigen Kapitän.
Aber zurück zu unserem ersten Tag: Als das Schiff beladen war kamen auch bereits die 24 zahlenden Gäste dieser Fahrt. Die Gäste bestanden aus einer 12 köpfigen, japanischen Seniorenreisegruppe und 12 frei gemischten Gästen anderer Nationen.
Gegen 5 Uhr legte das Schiff ab. Tauchgänge waren für diesen Tag nicht geplant und die Leute wurden mit Essen und einer heiteren Bootsfahrt bei Laune gehalten. Da das angepeilte Gebiet weit im Norden lag war das Schiff über Nacht unterwegs und sollte am Morgen den ersten Tauchplatz erreichen. Die Fahrt ging entlang der Küste, also vom Meer durch das Riff geschützt, das machte die Fahrt angenehm ruhig und bescherte verhältnismäßig guten Schlaf in der engen Koje . Was den Unterschied ausmacht sollten wir am nächsten Tag erfahren.
6:00Uhr morgens hieß man uns aufstehen. Allen war bereits seit 5:00 Uhr mit dem Essen beschäftigt, Sue besorgte die Tische und unsere einzige Aufgabe bestand im Beseitigen der Geschirrüberreste vom Vorabend. Nach dem Essen gab es für die Gäste das erste Tauchbriefing und für uns den Abwasch. Während die Gäste sich anschließend unter Wasser tummelten jagten wir mit Staubsauger und Mopp bewaffnet übers Deck und durch die Kabinen um unser nicht wirklich übertrieben hartes Arbeitspensum zu erfüllen. Die an diesem Tag folgenden Tauchgänge sollten uns gehören.
Was wir bei unserem ersten Tauchgang zu sehen bekamen muss als überdurchschnittlich spektakulär eingestuft werden. Wir tauchten an einem Ort namens Cod Hole. In diesem Cod Hole lebt eine Fischspezies die es tatsächlich nur hier im Umkreis gibt. Der Potatoe Cod. Generell zugehörig zur Familie der Zackenbarsche kann der Potato Cod bis zu 110kg auf die Waage bringen, bei einer Länge von zwei Metern. Die Art ist hier streng geschützt, da ihr Vorkommen sich in den letzten Jahren stark dezimiert hat. Unverständlicherweise hat der Tauchveranstalter trotzdem nach wie vor eine Fütterung der Tiere auf dem Programm ungeachtet der Tatsache, dass es dem natürlichen Verhalten abträglich ist.
Die Fütterung lief folgendermaßen ab: Die Taucher setzten sich am Meeresboden in einem großen Kreis nieder und ein Tauchführer ging reihenweise herum und versuchte die Fische durch dosiertes Füttern von Taucher zu Taucher zu lotsen, so dass jeder einen Blick aus nächster Nähe haben sollte. Leider kommt aber meist alles anders als man denkt, gerade im Umgang mit Lebewesen in der Natur. Zwei Fische waren am Orte und diese interessierten sich keineswegs für das dargebotene Futter sondern nur für sich selbst und ihr Liebesspiel. Zu unserem Entzücken haben die liebenswerten Fische direkt vor unseren Füßen den Idealen Platz für ihr Liebesspiel gefunden, von dem sie sich auch nicht wegbewegen ließen. Mehrmals rammte mich eines der massigen Tiere und machte somit seinen Platzanspruch gegen mich geltend. Friedlich, behäbig, beinahe troddelig wirkten die Fische mit ihren riesigen Schmolllippen, mit denen sie sich beinahe menschlich ihre Zuneigung zeigten. Nach ca. 15 Minuten liessen wir die Tiere wieder allein und setzten unseren Tauchgang in anderer Richtung fort. Ob die Japaner etwas beleidigt waren, dass Sie die Cods nicht so genau betrachten konnten wie wir? Zumindest haben sie sich nichts anmerken lassen.
Das war der erste einer Reihe atemberaubender Tauchgänge. An diesem Tage folgten zwei weitere, zwischen denen wir unseren kleinen Aufgaben an Bord nachgingen. Ein Nachttauchgang in kristallklarem Wasser krönte diesen ersten Tauchtag auf der Taka.
Über Nacht verließen wir die ruhige Zone zwischen Riff und Küste und das Boot legte Kurs aufs offene Meer an. Ziel Osprey Reef. Gleich nach dem Abendessen ging es los und der Unterschied zur bisherigen Spazierfahrt wurde einem klar. Das zum Abendessen konsumierte Bier bekam einen seltsam beschlagenen Nachgeschmack und mein voller Magen stieß mit jeder achterbahnartig wogenden Welle fühlbar gegen mein Zwerchfell. Etwaiger Seekrankheit vorbeugend entschieden wir uns frühzeitig die Koje auf zu suchen. Glücklicherweise musste niemand von uns von den braunen Tüten Gebrauch machen die jeder neben seinem Bett hatte. Dennoch, entspannend war diese Nacht auf keinen Fall.
Das Osprey Reef liegt circa 250km von der Küste entfernt und ist vulkanischen Ursprungs. Man kann sich das Riff als eine Vulkaninsel mit großem Krater vorstellen, nur dass es eben vollständig unter Wasser liegt. Die Kannte des Riffes stellt eine steile Wand dar, an der es schlagartig auf eine Tiefe von 1000 Meter abwärts geht. Das klare blaue Wasser lässt ungeheure Sichtweiten von über 50 Meter zu wodurch man einen atemberaubenden Eindruck der wahnsinnigen Tiefe bekommt in die es hier hinab geht. Die steilen Wände sind über und über mit bunten Korallen verziert und Massen an Fischen durchziehen die Grotten, Höhlen und Vorsprünge des zerklüfteten Lavagesteins. In sicheren Abständen ziehen kritisch äugende Haie vorüber die mit ihrem majestätischen, U-Boot artigen Körper das Wachbataillon des Riffes zu sein scheinen.
Eine der Tauchgänge an diesem Riff widmete sich eben diesen wunderschönen Haifischen. Es stand eine Haifütterung auf dem Programm, bei der wir aus nächster Nähe dem zähnefletschendem Spektakel beiwohnen sollten. In einem Abstand von ungefähr 15 Metern zu einem Seil, das zu einer Boje an der Oberfläche reichte, nahmen wir eine sichere Position auf einem Vorsprung der Felswand ein. An der Boje wurde von einem Motorboot eine Plastiktonne befestigt, welche mit toten Tunfischen gefüllt war. Auf Zeichen zog einer der Crew diese Tonne herab zu uns, auf eine Tiefe von 18 Metern. Unten wurde sie, ebenfalls durch ziehen an einem Seil geöffnet. Die toten Tunfische an einer Stahlkette befestigt, kamen durch einen Auftriebskörper bewegt heraus und präsentierten das ?kalte Buffet?. Binnen weniger Sekunden wurden aus den 5 in der Nähe befindlichen Haien 25. Es begann eine heiße Schlacht um die besten Bissen. Haie neben anderen großen und kleinen Fischen, es wurde geräubert und geplündert bis zur letzten Gräte. Für unser Fleisch interessierte sich zum Glück keines der wilden Tiere. Ein Tauchlehrer und der Kameramann steckten selbst mitten in dem Schlachtgetümmel. Beide sahen später an Bord dennoch recht beisammen aus.
Die hier gewonnenen Eindrücke könnten Seiten füllen. Ich will es hier bei diesen kurzen Ausführungen jedoch zunächst belassen. Wir haben Bilder und einen Film dieser Ereignisse und können euch gern mehr berichten wenn wir wieder im Lande weilen. Die Tauchgänge und das Leben an Bord des Schiffes haben unsere Reise zum Ende hin noch einmal unglaublich bereichert.
Erwähnt werden soll lediglich noch kurz unsere japanische Tauchgruppe. Alles Senioren über sechzig Jahre alt die einmal im Jahr eine Tauchreise gemeinsam machen. Jeden Morgen stand aktiver Frühsport mit Blutdruckmessen auf dem Programm und jeder einzelne machte einen unglaublich vitalen Eindruck.
Unser beider neues Vorbild: Michinori, ein lebenslustiger 74jähriger den 4 Tauchgänge am Tag nicht unter zu kriegen schienen. Am Abend blieb sogar noch Kraft für hochprozentige Cocktails bei ausgelassener Fröhlichkeit. Woher die Japaner diese Energie nehmen ist beinahe Rätselhaft, ich denke aber, das die gesunde Ernährungsweise, fettarm mit Fisch Reis und gutem Gemüse, erheblich zu deren Lebensleistung beiträgt. Deutscher nimm Dir ein Beispiel!
In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein baldiges Wiedersehen
Euer David