Unsere vorletzte Etappe auf der Gibb River Road war wohl die längste und anstrengendste. Die Distanz betrug etwa 350 Kilometer, und wir brauchten 8 Stunden bis El Questro, einer ehemaligen Station, die sich jetzt eher auf Tourismus konzentriert (und warum auch nicht, wenn man mehrere Wasserfälle, Schluchten und eine heiße Quelle auf dem Besitz hat?).
Die "Straße" wurde mit jedem Kilometer spürbar schlechter, bis ich teilweise nur noch 50 km/h fahren konnte, stellenweise sogar nur 30 oder 40. Es lagen große Steine auf der Fahrbahn, es wurde kurviger und die Bodenwellen schüttelten uns ordentlich durch. Noch dazu gab es zwischendrin nicht viel zu sehen, sodass wir es uns wohl oder übel für den Tag im Auto bequem machen mussten.
Das erste, lang erwartete Highlight war das durchqueren des Durack Rivers, der zusammen mit dem Pentecost River (der einige Kilometer weiter liegt) der Maßstab für die Öffnung der Gibb River Road ist. In Broome stand im Infocenter, dass beide Flüsse bei 45mm stünden, also gerade 5 cm unter der machbaren Grenze für unseren guten Jack. Dementsprechend war ich ziemlich nervös, als wir uns dem Durack River näherten. Wie sich allerdings herausstellte, war dieser kaum mehr als ein vielleicht 15 oder 20cm hohes Bächlein. Puh.
Bevor es zum Pentecost River ging entschieden wir uns dafür, etwas Feuerholz zu sammeln, da wir die letzten Tage immer neidisch die Nachbarn mit ihrem Lagerfeuer betrachtet hatten. Wir hielten also am Straßenrand und suchten nach geeignetem Holz, was sich als nicht so einfach herausstellte, da es entweder zu groß, zu klein oder zu trocken war. Am Schluss hatten wir aber eine gute Menge zusammen, schnallten alles aufs Dach und weiter gings.
Ein paar Kilometer vor dem River Crossing änderte sich plötzlich unsere Umgebung: Dünne, mit trockenem Schlamm verkrustete Bäume standen alle in eine Richtung geneigt um uns herum, der Boden bestand nur noch aus großen Steinen. Wir brauchten eine Weile bis wir es begriffen: Wir fuhren durch das Regenzeit-Flussbett des Pentecost Rivers. Mir fiel fast der Unterkiefer auf die Füße. Was für ein Monster muss dieser Fluss in der Wetseason sein! Mehrere Kilometer breit und mindestens 2 Meter hoch, nach den Schlammablagerungen an den Bäumen zu urteilen. Kein Wunder dass er die "Öffnungszeiten" der Straße diktiert. Was mich wieder darüber nachdenken ließ wie gottverlassen es hier von November bis April sein muss - die einzige Straße, die irgendwohin führt, ist durch Flüsse versperrt. Aber irgendwie müssen die Farmbesitzer ja doch an Nachschub kommen... Heute hat wahrscheinlich jeder ein eigenes Flugzeug oder einen Helikopter, aber was haben die früher gemacht? Auf der anderen Seite können die mit ihrem Schnorchel am Auto wahrscheinlich locker durch über einen Meter hohes Wasser fahren. Trotzdem... ein bisschen Angst machen würde mir diese Abgeschnittenheit doch.
Und dann kam die Durchquerung. Leider kann man nicht aussteigen und in den Fluss hineinlaufen um zu sehen wie tief er ist - also man kann schon, aber man kommt nicht zwingend wieder im vollsten Besitz aller seiner Körperteile wieder hinaus, da der Fluss krokodilverseucht ist.
Es sah nicht sehr tief aus, aber der Untergrund bestand aus losen, großen Steinen, was bedeutet, dass überall große Lücken sein können, die einen einsinken lassen.
Also mal wieder den Allrad rein und los gings. Mama filmte alles aus dem Auto heraus, und ich glaube man hört mich ziemlich gut, wie ich die zwei Minuten oder wie lange es gedauert hat unaufhörlich auf den guten Jack einbrabbele, um meine Nerven zu beruhigen. Wir fuhren im Kriechtempo, ständig rumpelte es unter den Reifen und wir schoben große Wellen vor uns her.
Aber wir schafften es! Ha! Sofort danach hielten wir an und schauten zurück (die Endorphine ließen mich sogar glauben, ich könnte noch ein paar Mal hin und her fahren). In dem Moment kamen noch ein paar Autos an, und wir sahen ihnen beim Durchfahren zu um einen Eindruck davon zu kriegen, wie das ganze von außen aussieht.
Da es früher Nachmittag war entschieden wir uns, ein paar Meter weiter eine Lunchpause einzulegen und hatten einen wunderschönen Blick über den Fluss und das ausgedehnte Flussbett.
Gerade so mit den letzten Sonnenstrahlen rollten wir nach El Questro ein (zum Glück, nichts in der Welt würde mich dazu bringen, im Dunkeln diese Strecke zu fahren). Jede große Station hat ein "Station-Township", also eine Art Siedlung, in der sich die Arbeiterunterkünfte, eine Werkstatt, eine Zapfsäule und manchmal ein kleines Kiosk befinden. Dieses Township ist auf El Questro für den Tourismus ausgeweitet worden, sodass es hier nun Unterkünfte, einen Campingplatz, Restaurants, eine Bar, ein Kiosk, zwei Zapfsäulen, eine Werkstatt und ein Atelier gibt.
Wir gingen zur Bar, da das Kiosk schon geschlossen hatte, holten uns das überteuerte Permit, um die attraktionen besuchen zu können, und buchten uns in den (ebenfalls teuren) Campingplatz ein. Man muss aber dazu sagen, dass alles unglaublich sauber und wunderschön angelegt war und ich schätze, dass das Geld dafür ja irgendwo her kommen muss.
Leider gab es keinen freien Campingplatz mit Feuerstelle mehr, sodass wir doch kein schönes Lagerfeuer am Abend hatten. Schade. Dafür gab es aber etwas, was wir über die letzten Tage sehr vermisst hatten: Kaltes Bier! Und das für nur doppelt so teuer! Unglaublich! Wir erlaubten uns eines und nahmen noch eines ins Restaurant mit (es war ein BYO), wo wir uns ein schön dekadentes Abendessen bestellten (Ich habe leider vergessen, was es war. Aber es war sehr lecker).
So schön gesättigt und zufrieden ging es dann ins Bett.