Ein Platz an der Sonne mit Schattenseiten 4

27.December 2008 - Los Angeles


Ein abgestürztes Flugzeug in Trümmern, das - so scheint es - an Attraktivität verloren hatte und lieblos, deplaziert am Boden liegen bleiben musste - Aber weit gefehlt. Diesen Traum eines chaotischen, katastrophalen Schlachtfeldes erfüllte sich Steven Spielberg zum Geburtstag. Warum auch nicht. Es wird ja ohnehin nicht viele Dinge geben, die er nicht bereits besitzt oder mit Cartier und Armani handverziert wurden. Außer Unkraut im Garten und Cholera vielleicht - setzte dem ganzen die Krone auf.
Besonders gelungen waren auch die Darbietungen des singenden, klingenden Weihnachtsgrinch und die des Massenmörders, der mit Messer bewaffnet versuchte das offene Gefährt zu Stürmen.
Im nachgestellten Central Park bekamen wir dann plötzlich das große Staunen, handelte es sich doch lediglich um ein kleines Stückchen Grün. Ein Stückchen Grün mit Baum: Close-ups hier, Vogelperspektive in New York, langsam beginn ich zu begreifen wie der Hase läuft.
Nicht viel anders auch beim großen, unüberwindlichen Ozean, den man in Hollywood auf einen kleinen Tümpel mit blauer Pappwand dahinter beschränkte: Eine Pfütze mit Bluescreen.
Wie diese und ähnliche zeitgenössische Raffinessen in Technik, Vertonung und Spezialeffekten funktionieren, machte ein geführter Studiorundgang kurz vor Einbruch der Dunkelheit deutlich, der komödiantisch gekonnt in Szene gesetzt wurde.
Letztlich müsse man aber nur eines wissen und auf der langen Reise mit nach Hause nehmen: Nichts in Hollywood ist echt. Sei es eine verspielte Häuserfrontattrappe, der möblierte Innenraum oder der Regenmacher höchstpersönlich. Denn selbst das Wasser von oben ist faked. Aber lang lebe der Film. Nur nicht James Bond. Der ist scheiße, sollte ich es nicht bereits angesprochen haben.
Im Bus zuvor hatte ich dann das große Los gezogen, einerseits Glück, andererseits Pech - denn den Anhang konnte ich in den Universal Studios den ganzen Tag über nicht abschütteln - auf einen Gleichaltrigen zu stoßen. Ein Touri aus Wisconsin, schlitzäugig und nervig, ausgestattet mit einer großen Portion Großzügig -und Nachgiebigkeit. In anderen Worten viel Naivität, denn ohne seinen Namen - noch nicht mal was Exotisches - in irgendeiner Weise behalten zu haben, kutschierte er mich nachts - der Bustrip war beendet und alle Gäste auf ihre Hotels verteilt - durch halb L.A. Untengeldlich, freiwillig.
Ich muss gestehen, es kam mir äußerst gelegen. Bis auf den Flughafen, das Hacienda Hotel und die zwei schäbigen Einkaufszentren - die Burgseegalerie mit Starbucks - hatte ich nichts gesehen. Gut Downtown beim Vorbeifahren, doch hätte ich in Deutschland damit kaum prahlen können. Und das wäre jammerschade gewesen.
Aber so weit kam es nicht. Als er mich fragte, was er mir denn zeigen könne, war ich ganz bescheiden. Nur die Mall bitte. Das genügt. Doch die schloss enttäuschenderweise um 9 Uhr ihre Türen und es blieben ganze 20 Minuten für das beliebte Window Shopping bestehen. Keine Zeit für einen Pullover, Hose Schuhe und was weiß ich, was mir noch alles eingefallen wäre. Das erübrigte sich aber ohnehin von selbst, als das Beverly Hills Shopping Plaza fast nur Gucci, Prada, Hugo Boss & Co. mit jeweiligem Türsteher aufwies. Sogar Lacoste konnte sich einen leisten. Wie nobel. Für Eric (und mich) allerdings zu nobel.
Bei den Öffnungszeiten hatte er dann fast ein schlechtes Gewissen bekommen, als könne er etwas für die "frühe" Schließung und fragte mich, was ich denn noch sehen wolle. Da fiel mir glatt ne Menge ein: Der Hollywood Boulevard mit dem Walk of Fame und dem Kodak Theater, jährlicher Austragungsort der Oscar-Verleihung, wo sich die Stars auf ihren Sternchen - heutzutage hat fast jeder einen - tummeln, die sonst von Zigarettenstummeln, Abfällen und Alkohollachen samt Pennern frequentiert werden, sodass ich erst eine Plastiktüte mit dem Fuß beiseite schieben musste, um ein Foto von Britney Spears Schriftzug zu schießen. Nicht, dass ich Fan wäre - von wem oder was denn bitte auch? Einer ?Ich will nicht erwachsen werden? Schnapsleiche ohne Hits? - aber ich habe es mir zur Mission gemacht, alle Sterne von bekannten Gesichtern zu fotografieren: Al Pacino, Kevin Costner, Anthony Hopkins, Sandra Bullock, Whoopie Goldberg und wie sie alle heißen. Sogar Jackie Chan hat seinen eigenen. Neben 2000 unbekannten anderen Celebrities auch. Toll.
Ansonsten war der Boulevard ziemlich schäbig gehalten: Bunte Leuchtreklame links und rechts, energiereiche Autos und Altlasten auf der Straße, die sich an Puffs und Bars mit stinkenden Abgasen vorbei schoben und den Gesamteindruck vom glorreichen Los Angeles ganz schön trübten.
Beverly Hills und Santa Monica täte ich auch gerne sehen oder zumindest mal durchfahren. Ließ sich einrichten und auf dem Rodeo Drive, Kaliforniens exklusivster Einkaufsstraße für die Reichen und Schönen - davon gibt es in Los Angeles ohnehin die meisten. Hier shoppen Charlize Theron, Victoria Beckham mit Mann und Kind, sollte der eine nicht gerade mit der anderen fremd gehen - mit Boutiquen - Hermes, Yves Saint Laurent, Dior und Dolce & Gabana - und schmucker Straßenbeleuchtung an jeder Ecke stieg ich sogar aus. Zum Nase an die Schaufenster plattdrücken.
Nein, aber schön wär's gewesen. Dabei bin ich mir sicher, der Alarm hätte mir Guantanamó beschert. Bush ist schließlich noch im Amt, doch die Tage sind gezählt. Freude -und Hiobsbotschaft zu gleich, denn auch der Obama wird es nicht richten können. Im Gegenteil, der soll mal lieber wieder zur Schule gehen. Oder zur Abwechslung mal ins Ausland. Am besten Irak. Erfahrungen kommen schließlich nicht von nirgendwo. Da kann er auch noch so tief und fest behaupten, ambitioniert für seinen Wahlkampfsauftritt vor dem Brandenburger Tor gebettelt - und schwarze Baumwollsklaven können das gut - zu haben.
Gereicht hat es letztlich nur für die armselige Siegessäule davor. Aber gut, dass er sich die Clinton ins Boot holte. Die hat wenigstens was auf dem Kasten. Auch wenn sie lesbisch ist.
Nach einem ereignisreichen Tag zwischen Stadtrundfahrt und Studiotour, der die letzten Stunden in Los Angeles gekonnt abrundete, ging es wieder einmal spät ins Bett. Erst gegen Zwei.
Gar nicht auszudenken, denn der nächste Morgen würde umso früher starten. Schon um 6 Uhr, wollte ich auf Frühstück und Packen nicht ganz verzichten. Na dann guten Flug.