Lange dauerte es jedenfalls nicht, dass wir uns in der hochlagigen Hostelküche befanden und fleißig am Schnippeln waren: Eine Assiette aus grünem Spargel, frischer Paprika, Zucchini und Karotten - passend zum Kuchen den Tag zuvor - angerichtet mit gebackenen Kartoffelecken und einem gefüllten Hähnchenbraten. Bis auf den Hähnchenbraten war auch alles selbst frisch zubereitet. Sogar die Füllung war denkbar einfach und wurde dem Getier - ein fertig gebackener Broiler aus dem Supermarkt den Tag zuvor, für den wir uns nach einigen Verständigungsschwierigkeiten mit dem ausländischen Personal, wie lange der denn da schon auf der Warmhalteplatte lagere und noch genießbar wäre, entschieden. Heiligabend wollte ja nun wirklich niemand in der Küche verbringen - in die aufgeschlitzte Rückenpartie implantiert.
Dazu schwedische Musik auf die Ohren, den restlichen Wein vom Strand und es war aufgetischt. Auch wenn es lange nicht danach aussah und während des Kochvorgangs immer wieder anfing zu regnen, auf der Dachterrasse. Mit Wolkenkratzern links und rechts und vorne und hinten im Blickfeld. Ein Augenschmaus.
Das merkten auch die anderen Backpacker, die im gleichen, großen Hostel abgestiegen waren und in der gleichen Zeit die Küche frequentierten, neidisch eine Packung Instant Noodles aufrissen und in kochendes Wasser gossen oder noch neidischer unser Foto schießen mussten. Vom liebevoll gedeckt und dekorierten Tisch.
Reste gab es jedenfalls keine, wenn die 700g Hähnchen auch eine Herausforderung an uns beide stellte. Aber das Fleisch war so zart, da stopfte man sich auch das letzte Stück noch in den Rachen. Ist schließlich Weihnachten.
Doch ein Verdauungsspaziergang war bitter nötig, wollte man den traditionellen 500g Christmas Pudding auch noch schaffen, und das nahmen wir uns eigentlich vor. Also ein paar Runden um die Häuser und das Festmahl sacken lassen.
Der Sky Tower war äußerst originell bestrahlt - rot und grün - und stellte in seiner ganzen Pracht die Farben Weihnachtens dar. Ein Weihnachtsbaum also. Aus Stahl und Beton. Wie originell.
Das dicke etwas auf dem Dach vor Whitcoulls - die führende Buchladenkette in Neuseeland - weniger. Was sollte es gleich noch mal bedeuten Richtig, einen halbwegs elektrisierten Weihnachtsmann: Ein fettes Stück Plaste, dass verführerisch mit dem Zeigefinger lockte und die kleinen Kinder in Angst und Schrecken versetzte. Zu diesen kommerziellen Zeiten soll man dann auch noch an den Weihnachtsmann glauben? Wohl kaum, wenn sein hässliches Abbild den Eindruck eines Kinderfickers erweckt und die Befürchtungen eines nie ruhenden Kinderpornorings neu aufflammen lässt. Eine schöne Bescherung.
Wie geschmackvoll und zweideutig die Straßenbeleuchtung und Weihnachtsdekoration dieses Jahr in Auckland (wieder) ausgefallen ist, möchte ich nicht weiter schildern. Es reicht ja auch.
Aber der Sky Tower - das muss ich anerkennenderweise schon berichten - in Charme und Größe war gelungen. Gleich daneben auch die Partydisco Nummer Eins - die Globe Bar - in die wir für eine gute Stunde abstiegen und erst kurz nach Elf zum Hostel zurückkehrten um uns ans füllige Dessert zu machen, was anfängliche Beteuerungen, Heiligabend auf Mikrowelle & Co. zu verzichten, gleich über den Haufen warf. Die Leckerei aus der Dose musste nämlich für einige Minuten mit extra hohen Wattzahlen erhitzt werden.
Den Vorneujahrsvorsatz hat es aber gelohnt zu brechen. Garniert mit Chrimastreezweigen -und Blüten gab es ein Foto nach dem anderen und auch die Cracker mit spritzigen Witzen und Hüten aus Krepppapier folgten.
Wenige Sekunden vor Zwölf stimmte der Nachbartisch dann zum Countdown ein. Null Uhr und ein verrückter Haufen temperamentvoller Argentinier sprang wild auf der Dachterrasse umher, drückte, küsste und umarmte sich als wäre etwas Ansteckendes ausgebrochen.
Aber scheinbar nur die Weihnachtsstimmung, die in Südamerika wohl wie Silvester mit Anstoßen und Party im Freien zelebriert wird.
Überschwappen konnte diese feucht-fröhliche Stimmung aber kaum und auch als die singende, summende und surrende Sippe zum Umarmen zu uns stieß, beließen wir es bei besinnlich. Logisch. War ja Weihnachten. Bei zwei eingefleischten Europäern.
Aber äußerst interessant zu wissen, was bei anderen, fernen Nationen so abgeht, obwohl die Argentinier und wir die einzigen im Hostel waren, die Weihnachten im eigentlich Sinne feierten, während sich andere Deutsche und Engländer mit einer Flasche Bier vorm Fernseher trösteten. Allein. Nach einer tristen Tüte Fertigsuppe. Wie traurig. So wörtlich hätte man es mit dem "Besinnlich" nun wirklich nicht zu nehmen brauchen.
Aber alles in allem war der 24. Dezember 2008 ein ganz besonderer Feiertag für mich, der im Gegensatz zu anderen Tagen weniger ordinär gestaltet wurde und in seiner Existenz am Strand, 24 Stunden von zu Hause entfernt einmalig war. Im Übrigen auch ohne Starbucks. Den gab es s auf der Insel nämlich einfach nicht. Na dann frohe Weihnachten.