Wo soll ich anfangen? Die letzten beiden Tage waren doch schon sehr turbulent. Einerseits turbolent, andererseits ereignislos. Aber von vorne.
Seit Ende der letzten Woche war klar, dass über Fidschi ein Zyklon mindestens Kategorie 4 hinweg ziehen wird, evtl. sogar Kategorie 5, also höchste Kategorie bei Zyklonen und Hurricanes. Er sollte an Nadi Montagmorgen vorbeiziehen, also genau dann, wenn mein Flug nach Auckland gehen sollte. Ich wusste zunächst überhaupt nicht was ich tun sollte; hab dann meine Versicherung angerufen, ob das bezahlt wird wenn ich im Notfall meinen Flug umbuchen möchte und am Sonntag schon weiterfliegen möchte. Natürlich nicht. War ja klar. Notfall ist nur, wenn ich krank oder verletzt bin und deshalb nach Hause muss. Dann habe ich meine Airline angerufen, ob denn der Flug für Montagmorgen noch steht und mir wurde gesagt, dass alle Flüge für Montag gecancelt sind. Wieder eine schlechte Nachricht. Sie haben mir dann gesagt, dass mein Flug auf Dienstag verschoben wurde. Gut, das geht ja noch dachte ich. Am Samstag war ich ja noch (siehe vorheriger Blockeintrag) auf South Sea Island, wo ich mit einem australischen Paar und einem Neuseeländer noch über den Zyklon unterhalten hatte. Der Neuseeländer hat eben auch gesagt, dass er seinen Flug umgebucht hat auf Sonntag um noch vor dem Zyklon wegzukommen und auch erwähnte, dass alle Gäste auf den kleineren Inseln Sonntagmorgen auf die Hauptinsel evakuiert werden. Es wurde also immer besser; deswegen hatte ich mir ja überhaupt überlegt den Flug umzubuchen. Sonntag hab ich dann also erst mal meinen Aufenthalt im Hotel verlängert und eigentlich nicht viel gemacht außer mich über den Hurricane zu informieren und mit andere Gästen zu reden, was die so vorhaben. Am Sonntagabend hat dann meine Airline nochmal angerufen, dass mein Flug auf Donnerstag verschoben wurde. Dann bin ich fast abgedreht. Was hätte ich denn noch 3 Tage mehr auf dem Fidschis tun sollen? Vor allem nachdem der Hurricane alles verwüstet hatte...Dann hab ich nochmal angerufen und gefragt ob ich den Flug stornieren kann und einen mit einer anderen Airline buchen kann; das wäre auch nicht gegangen, ich hätte höchstens für den Preis des Fluges bis Juni einen anderen bei Air Pacific buchen können. Aber ich wär ja auf keinen Fall nochmal mit Air Pacific geflogen?Tja. Ich kam mir schon total doof vor, weil ich die ganze Zeit das Telefon des Hotels blockier t habe; erst wegen den Umbuchen meiner Trips, dann weil ich insgesamt viermal mit der Airline telefoniert habe und weil ich noch meine Versicherung angerufen habe?das war schon heftig. Dann hab ich Sonntag ganz lange mit einem sehr erfahrenen Vielflieger gesprochen, der schon hunderttausende Meilen hinter sich hat und wir sind sämtliche Optionen für mich durchgegangen. Als wir dann meine Buchung online gecheckt haben hat sich rausgestellt, dass mein Flug, anders als die Airline gesagt hatte, doch auf Dienstag gebucht war; also nochmal die Airline anrufen und den Flug bestätigen lassen. Dann war ich wirklich froh dass sich mein Flug nur um einen Tag verschoben hatte. Trotzdem war der Sonntag schon mal für die Schellen 6 (schöner Ausdruck) und am Montagmorgen sah es noch überhaupt nicht nach Sturm aus. Wir haben ganz normal gefrühstückt, die Hotelmitarbeiter waren die Ruhe selbst, noch nichts war weggeräumt. Keinerlei Anzeichen von Zyklon. Selbst die Supermärkt hatten normal offen, es gab keine Wasserknappheit und auch keinerlei Anzeichen dass Leute sich besonders eindecken würden?Wir saßen sogar zum Frühstücke noch draußen. Das Meer war ebenfalls total ruhig. Mittags ging es aber dann los; der Wind wurde stärker und stärker und es hatte schon Vormittag angefangen zu regnen. Ich hatte mich vorher noch mit Wasser eingedeckt, falls es keins mehr gibt. Wir saßen dann ganz lange in der Lobby und haben sogar noch was gegessen und uns über sämtliche Szenarien unterhalten, die so passieren konnten. Der Zyklon hatte zwischendurch nämlich immer mal seine Richtung geändert, mal mehr, mal weniger nah an der Küste der Hauptinsel, auf der Nadi im Westen liegt. Zudem veränderte er auch immer mal wieder seine Geschwindigkeit; eigentlich sollt er Sonntag auf Montag Nadi erreichen, letztendlich kam er aber am frühen Montagabend. Deshalb ging es Montagmittag los mit stärkerem Wind und um drei war er schon so stark, dass ich mir wirklich Sorgen gemacht habe wo das noch hinführt, wenn das Innere des Zyklons uns erst um sechs erreicht. Es war auch wirklich krass. Bei uns sind Unwetter zwar auch richtig heftig manchmal, aber sie dauern nicht lange. 12 Stunden lang Orkanböen und Regen sind auf jeden Fall heftiger. Wir konnten also nur abwarten was passiert und auch nicht wirklich etwas machen, weil der Sturm einem die ganze Konzentration geraubt hat. Irgendwann haben wir uns dann in ein Zimmer verzogen, weil die Rezeption und die Lobby auch nicht wirklich dicht gemacht werden konnte. Ich hab mich mit einem Schweizer zusammengetan, weil ich beim besten Willen nicht alleine diesen Sturm mitmachen wollte. Wir waren dann zuerst bei ihm im Zimmer, das im ersten Stock lag; aber es hat dann irgendwann angefangen, die Wellblechdächer wegzuwehen und der Wind hat so dermaßen gegen die Fenster gedrückt, dass erstens Wasser durchgekommen ist und zweitens das Fenster immer ganz schön nach innen kam. Dann haben wir beschlossen, in mein Zimmer zu gehen (schön durch den Sturm durch), dass im Erdgeschoss war und keine Fensterfront hatte. Dort hat es aber so stark das Wasser durch die Fenster gedrückt, dass der Boden nach ein paar Stunden richtig nass war und wir das Wasser rauskehren mussten, weil sonst alles nass geworden wäre. Gut dass ich in weiser Voraussicht schon vormittags mein Gepäck auf den Schrank gepackt hatte?Irgendwann war uns aber das mit dem Wasser wieder zu doof und wir sind zurück in den ersten Stock gegangen. Mittlerweile hatte es schon mehrere Bäume entwurzelt, Laternenmasten umgeknickt und einen Pavillion zerstört. Das krasseste an der ganzen Sache war allerdings, dass die Fijianer angefangen haben, mittem im Sturm schwimmen zu gehen. Der Pool lag ja direkt vor meiner Zimmertür und die hatten einen Spaß da immer reinzuspringen mitten im Zyklon?Wir konnten aber zwischendurch auch draußen stehen, weil jedes Zimmer eine geschützte Terrasse hatte. Abends hatte der Wind dann auch abgeschwächt und es hat aufgehört zu regnen, da dachte ich wir haben das schlimmste schon überstanden. Schon relativ früh hatte das Hotel auch Wasser und Strom abgestellt; abends lief dann aber der Generator wieder und wir hatten kurze Zeit wieder Strom. Um neun sind wir dann schlafen gegangen, bzw, besser gesagt wir haben versucht zu schlafen. Es war sauheiß, schwül, drückend, nass und vor allem immer noch windig. Am Dach hatte es mehrere Teile rausgerissen; die halbabgerissenen Teile haben so dermaßen laut im Wind geklappert, das war echt gruselig, wenn man im Bett lag. Um Mitternacht hat der Sturm überraschenderweise nochmal voll an Fahrt aufgenommen; das war wesentlich schlimmer als am frühen Abend, auch deswegen weil man rein gar nichts sehen konnte ? keine Sterne, kein Strom und folglich nirgendwo Licht. Ich hab die ganze Nacht eigentlich fast kein Auge zugetan, weil ich dachte jeden Moment fliegt das Dach weg oder die Fenster drückt es ein. Wir haben die Nacht letztendlich dann ganz gut überstanden und gegen sieben Uhr morgens hat der Wind dann auch wieder abgeflacht. Der Morgen bot jedoch auch das ganze Bild der Zerstörung: Überall abgeknickte Masten, herunterhängende Leitungen (das Telefon war dann auch tot), Kaputte Satellitenschüsseln (kein Internet), entwurzelte und abgeknickte Bäume, überall Palmenblätter und sonstiges Laub, das Schild des Hotels kaputt, der Pool ein einziges Schlammbad. Die armen Leute. Wir haben dann auch gefragt ob wir irgendetwas helfen können, aber sie wollten sich auch nicht helfen lassen. Die Menschen sind einfach übermäßig nett und hilfsbereit. Das war echt krass, vor allem während des Sturms hätte ich mich nicht besser aufgehoben fühlen können. Am frühen Morgen hab ich dann gefragt ob man mich zum Flughafen fahren könnte, um dann gesagt zu bekommen, dass Air Pacific (meine Airline) am Abend zuvor alle Flüge für Dienstag auch noch abgesagt hat. Wahrscheinlich wegen den Aufräumarbeiten und dem Stromausfall, weil es ja wieder nahezu windstill war. Ich konnte ja auch weder anrufen noch im Internet schauen, es war alles tot. Es hatte auch niemand Handynetz...Wir haben uns dann den Rest des Vormittags mit Stadt-Land-Fluss und Schiffeversenken vertrieben. Nachmittags wollte ich dann mal an den Flughafen fahren um zu sehen, ob die Airline mir sagen kann wann sie denn wieder planen zu fliegen und zu versuchen, eine möglichst frühen Flug zu erwischen. Als ich dann am Schalter nachgefragt habe, haben die mich erstmal entgeistert angesehen. Dein Flug geht in einer Stunde. Da ist mir auch erstmal die Kinnlade runtergeklappt...Dann bin ich rausgerannt, hab mir den Fahrer vom Hotel geschnappt und er hat mich zurückgefahren, ich hab mein Gepäck geholt und bin zurück zum Flughafen und hab meinen Flug gerade noch bekommen. Der war auch halb leer weil anscheinend niemand der nicht zufällig am Flughafen war gewusst hat, dass überhaupt geflogen wird.
Also letztendlich alles glücklicherweise gut überstanden.