1. Teil Melbourne 2.0 und Australien 3.0

16.March 2012 - Melbourne


Zum zweiten mal befinde ich mich in Melbourne und zum dritten mal in Australien. Warum? Viel ist passiert seit meinem letzten Eintrag vor 4 Monaten. Der letzte Eintrag ist noch aus Lake Bolac, wo ich auf der Farm der Fischers gearbeitet habe. Umso naeher Weihnachten rueckte, umso ungluecklicher wurde ich. Der Gedanke, Weihnachten, Silvester und meinen 30. Geburtstag nicht im Kreise meiner Familie und Freunde zu verbringen, hat mich traurig gemacht. So sehr, dass ich zwei Wochen vor Weihnachten einen Flug gebucht habe. Am morgen des 21.12. ging es dann in Lake Bolac los. Nach 1,5 Tagen bin ich am 22.12. vormittags in Hamburg angekommen, hab mich auf ein Kaeffchen mit ein paar Freunden getroffen, am nachmittag nach Cuxhaven gefahren und um 19h abends nach dann 2 Tagen und Naechten ohne Schlaf ins Bett gefallen.

Es war anstrengend, aber ich war gluecklich daheim zu sein. Nur wenige Menschen wussten davon, die Zeit daheim wollte ich ruhig und ohne viel herum zu reisen verbringen. Auch, um mir klar zu werden, ob ich eigentlich in Deutschland (fest) bleiben oder doch noch einmal zurueckfliegen wollte. Die Zeit daheim habe ich sehr genossen und mich mal wieder wirklich heimisch gefuehlt. Doch so ganz bleiben wollte ich dann doch noch nicht, mein Visum war schliesslich noch bis Anfang August gueltig. Ende Januar dann stand mein Rueckflug fest, zumindest bis zur Nacht davor. Ploetzlich wusste ich gar nicht mehr, was ich machen soll. Die Ungewissheit, in die ich zurueckfliegen wollte, uebermannte mich. Schon wieder das Backpackerleben, Farmarbeit und co? Nein. Also habe ich den Rueckflug verschoben, auf mitte Februar. Bis dahin wollte ich mir klar werden, was genau ploetzlich zu der massiven Unsicherheit fuehrte und was ich egentlich wollte.

Schnell stand fest, kein Hostelleben und keine Farmarbeit mehr, aber noch einmal zurueckfliegen, um zu versuchen, einen etwas qualifizierteren Job in einem Buero, idealerweise im Marketing zu erlangen und so mein business english aufzubessern. Wie schon in einem der Blogs aus NZ geschrieben, wird zwar das Englischsprechen an sich leichter und fluessiger, aber bedingt durch die vielen Nichtmuttersprachler mit geringem Englischniveau, auch nicht unbedingt besser.
So also der Plan. Zurueck nach Melbourne, dort eine WG suchen und die naechsten 3 Monate bleiben. Das hat mich beruhigt und so bin ich dann auch abgeflogen.

Nun bin ich bereits wieder seit einem Monat hier und habe viel und auch wieder nichts erlebt. Aufregend war es. Wohnungssuche, Jobagenturen abklappern, mich auf etlichen Online-Job-Seiten registrieren und meinen Lebenslauf sowie mein Profil einstellen, mich auf zahlreiche Ausschreibungen bewerben. Nach nur 4 Tagen hatte ich zumindest meine erste Wohnung. Erste, wie gesagt, den mittlerweile bin ich in der dritten. Aber der Reihe nach.

Die ersten Tage habe ich im Hostel in der Innenstadt verbracht. Na dran am Geschehen und an den Internetcafes. Dann der Umzug. In eine WG mit 5 anderen Australiern. Von der WG aus weiter nach Jobs gesucht und beworben. Nach 1,5 Wochen ein Jobangebot, also gute 2 Wochen nach dem ich angekommen bin. Marketingjob in der Reisebranche, genauer Aufbau einer neuen Reiseseite. Klang erstmal toll und Unterkunft habe ich auch bekommen. Allerdings war das Gehalt recht niedrig. Nun ja, ich war bereit Abstriche in Kauf zu nehmen, hauptsache ich lerne etwas. Schliesslich war meine Intention dismal eine andere. Mit mir haben noch einige andere Backpacker und Studenten angefangen. Mittlweile arbeitet dort niemand mehr. Das Projekt wurde nach ein paar Tagen bereits gecancelt, die Finanzierung gestrichen, die Leute nicht anstaendig bezahlt. Ich bin aber dort hingezogen und hatte mich ja eigentlich darauf eingestellt, so wie es besprochen war, 3 Monate rum zu bleiben. Puh. So schnell kann sich das aendern.

Also die letzten Tage habe ich dann in der Buchhaltung mitgemacht, sonst haett ich wahrscheinlich auch gleich gehen koennen. Einige Webdesigner und Programmierer waren auch noch dort, haben dann aber gekuendigt. Anstaendig bezahlt wurde ich uebrigens auch nicht, aber immerhin etwas habe ich erhalten. Nach dann also 1,5 Wochen arbeiten und wohnen dort und Bezahlung nur fuer eine Woche, bin ich ausgezogen.

Und nun lebe ich bei einem der Mitarbeiter in einer Haus-WG. Zusammen mit einem netten Deutschen, dem Peter, der auch fuer das Projekt, genauer fuer Onlinemarketing ins Boot geholt worden war. Beide ploetzlich arbeits- und wohnungslos waren wir froh, dass uns dieser Mitarbeiter, der Rezeptionist Shaun, uebrigens in unserem Alter, gerade fertig mit dem Studium und auch nur voruebergehend dort beschaeftigt, bei sich untergebracht hat. Peter und ich teilen uns ein Zimmer fuer nur 55 Dollar die Woche pP. Das ist guenstig, dafuer aber auch zugemuellt, null Komfort und schmuddelig. Internet gibt es aber umsonst und mit einer sehr schnellen, guten Qualitaet. An den Rest gewoehnt man sich

Gut..der Shaun ist New Yorker, aber gebuertiger Chinese und die anderen 5 Mietparteien hier sind auch alle Chinesen und sprechen noch weniger englisch, als wir. Nun ja, lernen wir also gerade ein paar Brocken Mandarin. Man muss das mit Humor nehmen. Trozdem weiss ich manchmal nicht, ob ich Lachen oder Weinen soll. Ein derartiges Missmanagement habe ich noch nie erlebt. Voellig unfaehig ein Unternehmen zu leiten. Zur Erklaerung, das Unternehmerpaar besitzt noch zwei eher schlecht laufende Hotels hier. Die einzigen, die in dem Projekt Hotelmarketing und Travelmarketing haetten konstruktiv was einbringen und umsetzen koennen, waeren Peter und ich gewesen. Kein Konzept, keine Strategie, keine Zieldefinition und miese Mitarbeiterfuehrung. Ein Lehrstueck.

Fazit nach 4 Wochen Melbourne/ ich versuche es mal. Unzaehlige Stunden und Dollars im Internetcafe fuer Wohnungen und Jobs ausgegeben, ca. 50 Bewerbungen abgeschickt, etliche Jobagenturen abgelaufen, 3x umgezogen, 1,5 Wochen effektiv nur gearbeitet und 1 Woche Bezahlung erhalten UND ansonsten keine weiteren Jobangebote, Anrufe oder Mails erhalten. Einfach nichts. Backpacker erhalten hier keine qualifizierte Arbeit, die Unternehmen wollen nur permanent residents. Verstehe ich auch, bei nur 3 Monaten lohnt es sich natuerlich nicht, jemanden eine Projektmanagementstelle zu geben. Aber, ich habe mich ja auch um weniger qualifzierte Stellen bemueht, also data entry, office admin usw. Keine Chance. Und den anderen Backpackern/Working Holiday Makern geht es genauso. Bis Ende dieser Woche probiere ich noch ein wenig mehr, werde weitere Bewerbungen abschicken, mich aber auch schonmal umschauen nach Alternativen, sprich Nannyjob oder aehnliches oder ansonsten eben bald einen Rueckflug buchen. Die Luft ist raus und wie gesagt, Farmarbeit moechte ich nicht mehr machen. Diesmal habe ich ja auch meine Wanderschuhe daheim gelassen, ebenso wie meine Arbeitssachen und habe dafuer Anzuege und insgesamt eher schicke Klamotten mitgenommen. Daheim geblieben ist auch mein Rucksack, schliesslich wollte ich ja nicht mehr backpacken. Der Altersschwache Koffer jedoch hat die Anreise nicht ueberlebt, die Rollen sind kaputt gegangen. Vor meinem ersten Umzug hatte ich mir hier also eine riesengrosse rollbare Tasche gekauft, aber nach dem zweiten Umzug sind auch hier die Rollen weggeknickt. Toll, 85 Dollar im Eimer. Und der Umzug in diese WG habe ich dann nur mit tatkraeftiger Hilfe von Shaun geschafft. Ob ich mir nun was neues kaufe, haengt davon ab, ob ich bald heimfliege oder nicht. Dann aber was qualitativ besseres. Viel Geld zum einfach nichtstun, aber Miete und Essen zahlen, habe ich nicht mehr ueber. Aber auch ein Rueckflug will ja schliesslich noch bezahlt werden.

Ich versuche mal ein Gesamtfazit aus allem. Irgendwie soll es hier einfach nicht sein. Schade, denn dismal hatte ich eine gute Idee und haette mich sehr gerne hier richtig in ein australisches Unternehmen reingekniet. Schade, aber es wird wohl Zeit, heim zu kommen und mein Leben in Deustchland wieder aufzunehmen. Die Mentalitaet der Australier ist eh nicht die meine und ich stehe damit nicht alleine da. Ich versuche, mein Urteil ein wenig abzumildern bzw. jetzt nicht von meinem Misserfolg praegen zu lassen. Dennoch, die Australier sind eine Spassgesellschaft. It is all about fun, alc and sex. Ich uebertreibe nicht. Ernsthaft, wenn man hier ebenfalls nur surfen und trinken und Spass haben will, dann ist man hier richtig. Irre viele traveller finden ja auch genau das toll. Die findet man dann eher an der Ostkueste und insg. an den Straenden und Surfregionen. Aber diese Einstellung hat eben auch Einfluss auf das professionelle Wirtschaftsleben. Extrem viel wird hier einfach nur gequatscht, gepaart mit einer unglaublich uebertriebenen Selbstdarstellung der Menschen hier sowie fehlender Faehigkeit zur Selbstkritik. Viele sind narzistisch, uninformiert ueber gesellschaftskritische Entwicklungen und Probleme sowie rassistisch. Integration kennt man hier nicht und ist auch nicht gewollt. Klare Trennung von weiss und schwarz, um das mal konkret auszudruecken.

Landschaftlich gesehen ein einmaliges Land, keine Frage. Aber die ganze Lebenseinstellung hier geht einem mit der Zeit auf die Nerven. Natuerlich muss man das differenziert betrachten, es kommt ganz darauf an, was man hier sehen und erleben will. Als Tourist erlebt man die Aussis ja nicht wirklich. Vielleicht mal als Tourguide und dann ist diese fun-einstellung vielleicht sogar witzig und unterhaltsam. Wenn man die Aussis naeher kennenlernt, dann bleibt nicht mehr viel uebrig bzw. sieht man keinen Tiefgang. Gibt bestimmt auch Ausnahmen, aber diese habe ich nicht kennengelernt. Keine kritischen Themen, die man besprechen kann, keine Ernsthaftigkeiten. Jeder macht mit jedem rum, das klingt plump und ist es auch. Die Maenner kommen einem mit so gut gemeinten Ratschlaegen, wie, geniess doch mal dein Leben und hab Spass (meint, mit ihnen in dieser Nacht). Lest weiter im naechsten Teil.. mehr kann ich hier nicht schreiben...