Der erste Roadtrip ging gleich an die Great Ocean Road, nach Warrnambool/Port Fairy/Portland. Wir nahmen auch Surfbretter mit, sodass wir teilweise morgens aufstanden und surfen gingen. Die Gruppe bestand, wie die Company selbst, größtenteils aus Deutschen, wir hatten jedoch auch einen Amerikaner und einen Aussie dabei, auf den folgenden Roadtrips wechselte das Team jedoch ab und zu und es stoßen Franzosen, Holländer, Engländer, Schwedinnen oder andere hinzu. Wir hatten einen Haufen Spaß, machten auf dem Rückweg die Great Ocean Road, besuchten eine Party in Geelong am Australia Day, tranken ein paar Bier bei Kunden, ich war danach noch tatsächlich in der Lage Boards zu machen und sogar einen Koala im Vorgarten eines Kunden zu finden, die wir abends erneut besuchten, da einige noch keine Koalas gesehen hatten.
Die nächste Woche in Hamilton blieb in nicht so guter Erinnerung, da ich am ersten Tag mein Handy kaputt machte, das daraufhin bis zum Ende meines Aufenthaltes in Melbourne beim Chinesen zur Reparatur lag, eine (wenn auch schlechte) Ausrede, warum mein Blog so lange dauerte, zudem verlor ich meinen Partner in der Area und wurde von einem Rottweiler gebissen, der aus einer offenen Haustür kam und ich mit Tasche und iPad in der Hand im Stile eine Hürdenläufers ueber den Zaun springen durfte. Ja, ich hatte tierisch Angst mich auf die Schnauze zu legen, die Narbe habe ich immer noch.
Der unheimlichste Teil folgte jedoch samstags, als ich von einem älteren Pärchen beim Arbeiten fotografiert wurde, erst wortwörtlich durch die Blumen und dann einfach so. Als ich und mein Partner zusammen mit unserem Teamleader klopften oeffneten sie nicht die Tür, später, als ich wieder arbeitete, sprach mein Teamleader mit ihnen und sie bezichtigten uns des organisierten Verbrechens, behaupteten sie hätten nur die Blumen fotografiert und ich hätte die Ueberwachungsanlagen der Nachbarn ausspioniert... Das Gefühl bei jeder Aktion, die du machst gesehen und fotografiert zu werden, ist uebrigens um einiges schlimmer als man es sich vorstellt.
Aus Bendigo in der darauf folgenden Woche gibt es eine kleine Episode, die wieder einen Teilaspekt des Jobs und der "Australier" zeigt. Hier traf ich meinen ersten Kriegsveteranen aus dem zweiten Weltkrieg. Der Bayer, der nach dem Krieg nach Australien auswanderte, war im Russland-Feldzug auf dem Rückzug knapp 2 Wochen vor Kriegsende noch fast tödlich verwundet worden und ich unterhielt mich die restliche Stunde meine Arbeitszeit mit ihn, auch wenn der bayerische Dialekt noch sehr ausgeprägt war. Generell haben die Australier neben den Auswanderern, ich traf viele Briten, die im 2. Weltkrieg kämpften, ein besonderes Verhältnis zu "ihren" Kriegen. So kämpften viele Australier als Teil des britischen Heeres in Europa, speziell der Türkei, im Pazifik, und auch in Vietnam. Besonders die Beteiligung in den Weltkriegen, von der ich ehrlich gesagt gar nichts wusste, wird in jedem Oertchen mit Mahnmalen und , ANZAC-Parades/Feiertag (Australisch-Neuseeländischer Armee Corbs frei uebersetzt) erinnert. Aus Gesprächen erfuhr ich, dass dieser Teil des Heeres bevorzugt in aussichtslose Schlachten und Massaker als Spitze geschickt wurde, etwas das den Briten auch heute noch sehr uebel genommen wird.
In meiner vierten Woche, der zweiten von am Ende insgesamt 3 in Warrnambool, zeigte sich dann der Vorteil, wenn man sich selbst um die Unterkunft kümmert. Dank eines Australiers im Team, der den Preis von 1500 auf 1000 herunter handelte, hatten wir ein riesiges Haus mit Aussicht auf den Fluss, jeder hatte sein eigenes Zimmer mit (teilweise) King-Size Bett, einem Snooker-Tisch, einer Küche größer als der Caravanpark in Bendigo und zwei Fernseh-areas mit Pay-Tv. Dazu noch 2 Balkone, BBQ und so weiter. Dementsprechend motiviert hatte ich auch meinen besten Tag mit 26 Boards und einigen Bier in dieser Woche. Zudem spielte ich einige Partien Goon-Billiard, wobei ich und meine Mitspieler jedoch immer schlechter wurden...
Das beste war jedoch mein eigenes Zimmer und ich schlief das erste mal, seit ich in Australien war, alleine in einem Raum und in einem Bett, sodass ich so gut schlief wie nie zuvor!
Übers Wochenende fuhren wir dann mit einigen anderen Leuten aus der Firma nach Philipp Island im Süden Melbournes, wo wir um 2 Uhr nachts noch von einem Australier, der auf dem Heimweg von einer Bar war, zu sich nach Hause eingeladen wurden, sodass wir nicht im Van schlafen mussten. Dort und am Strand verbrachten wir super Tage, auch wenn wir die berühmten Pinguine aus gewissen Gründen nicht sahen.
Die nächsten zwei Wochen verbrachten wir in der Gegend um Geelong und an der Küste südlich, wo wir morgens surfen gingen, und unsere Unterkünfte mit wahlweise, Whirlpool, Air Hockey oder Bier-Pong genossen. Die unheimlichste Episode dieser Wochen war ein Haus in Geelong. Die Kunden, die mich zuerst für einen Door-Knocker der Konkurrenz hielten und wegschickten, riefen mich zurück und ließen mich dann ein. Nachdem ich im Wohnzimmer ein Board installiert hatte, folgte ich dem Besitzer in das Arbeitszimmer, wo mir plötzlich neben einem Fernseher eine wandhohe Hakenkreuz-Flagge entgegenprangte. Ich war geschockt und bekam nur heraus, dass man das in Deutschland nicht so einfach zeigen könnte. Der Mann fasste meine Aussage dann auch noch positiv aus und rief seiner Freundin zu, dass ich ihre Fahne möge. Die Leute, die ansonsten sehr nett und freundlich waren, wurden mir noch unheimlicher und ich beeilte mich das Haus zu verlassen. Eine weitere Episode folgte eine Woche später im Haus eines alten holländischen Rentnerpaares, in welchem ich eine Stunde investierte um alles den Wünschen des Mannes und für sein Verständnis angemessen installierte. Als ich dann jedoch das Haus verließ unter den üblichen "have a good trip"-Sätzen rief mir diese 90-jährige Frau ein "Heil Hitler" hinterher und während ich mich umdrehte und sie überrascht anschaute, fing sie an zu lachen und fragte: "das war jetzt böse oder?". Generell habe ich mit Kunden, wie schon erwähnt viel darüber geredet, die Australier nehmen das ganze nicht mehr wirklich ernst, ich bekam jedoch abgesehen von ein paar spaßigen Kommentaren von Engländern a la "we beat you three times", die ich jedoch mit den jüngsten Fußballergebnissen beantwortete, keinerlei negative Rückmeldung im Bezug auf mich, wie man sie, den Medien zufolge aktuell in Zypern und Italien bekommen könnte. Das Ganze überraschte mich nicht sonderlich, nahm es jedoch auch nicht für selbstverständlich.
Der nächste Roadtrip in Warragul, leider nicht mehr an der Küste und im Caravan-park, war Boards-technisch so schlecht, dass wir auch Samstags arbeiten mussten, jedoch ließ sich der Boss nicht lumpen und besorgte für danach Bier, Schnäpsle und Pizza aufs Haus. Ja, er konnte manchmal echt cool sein. In Warragul war ich das erste mal seit Monaten mit dem Holländer, seit Hamilton im Team und als Koch, Co-Teamleader und lustiger Mensch nicht mehr wegzudenken, 40 min joggen, die Tage danach schmerzten meine Füße, was mich jedoch nicht davon abhielt, um 6 morgens aufzustehen und Real Madrid gegen Manchester zu sehen, eine Angewohnheit, die auf Roadtrips für mich selbstverständlich und auch fast immer lohnend war.
Hatte ich gerade noch erzählt, dass ich von den Australiern nie "rassistische" Kommentare bekommen hatte, ist eine Episode aus der Warragul-Woche jedoch stellvertretend für viele Australier: die Frau, verheiratet, Kinder, erste Enkel, arbeitend aus gutem Hause und somit eine Durchschnitts-Australierin begann mit "i'm not a racist" um dann mit der Begründung "it's just wrong" über den Lebenstil wahlweise der Aborigenes, der Asiaten und besonders gerne der Muslime herzuziehen, die auch hier in Australien eine wachsende Bevölkerungsgruppe darstellen, jedoch nicht besonders beliebt sind.
Die letzten zwei Wochen im Job führten uns dann nochmal nach Warrnambol und Bendigo. Die Arbeitsmoral war mittlerweile recht stark gesunken, sodass umso mehr Zeit am Strand oder repräsentative am See (Bendigo) verbracht wurde. In Warrnambool habe ich nach 3 Roadtrips zusammen mit meinen jeweiligen Partnern knapp 60 Prozent persönlich geklopft. In Bendigo bezogen wir ein Haus am See mit Pooltisch und genossen unsere letzte "Arbeitswoche" (ich machte schlussendlich 20 Boards), wir Jungs durften nach verlorener Wette in Unterhose klopfen und verbrachte meine Arbeitszeit teilweise bei Megges.
Zwischen den Roadtrips ging ich mit meinem Teamleader zur Formel 1, was aus sportlicher Sicht sicher eins der Highlights war. Schnell und vor allem laut war es viel schwerer zu verfolgen als im Fernsehen, es gab jedoch große Leinwände und nach dem Rennen stellte Nitro Circus auf dem Gelände kostenlos eine wahnsinnige Live-Show per 25m-Rampe ab zur Show, auch wenn wegen des Windes die Motorräder nicht in die Luft gingen, sondern "nur" BMX, Skateboard, Snowboard und als Highlight ein City-Roller. Das ärgerlichste jedoch war die Tatsache, das meine Kamera leer war, sodass ich kaum Bilder machen konnte.
Im Endeffekt war der Job nicht so schlimm wie er sich teilweise anfühlte, zudem denke ich, dass er in Deutschland trotz all der Hindernisse hier deutlich schwerer gewesen wäre.
Am letzten Abend in Melbourne traf ich mich noch mit Miri, einer Freundin aus Königstein, und ihrem Freund und wir gingen mit allen aus der Firma feiern, schließlich hatten neben mir, 4 andere, darunter mein Teamleader, und aus den anderen Teams mehrere gekündigt, sodass es noch ein guter Abschied wurde.