Zwei Seiten des Wasser

19.February 2013 - Puerto Iguazu


Iguazu, ein Städtchen von mittlerer Größe, mehr Restaurants als Einwohner, lebt von dem glücklichen Umstand, dass im 16. Jh. ein Abenteurer auf der Suche nach fruchtbarem Land und nach einem einjährigen 800km Marsch quer durch den damals noch nicht zivilisierten Urwald auf diese wahnsinnigen und bis heute ungebändigten Wassermassen stieß. Man mag sich seine Enttäuschung gar nicht vorstellen, denn fruchtbar im Agrarsinn war das Land nicht. Aber die heutigen Einwohner können bestens mit den Tourismusmassen umgehen und bemühen sich auch um die entsprechende Infrastruktur. Das Wasser schert sich nicht um nationale Grenzen und so profitiert man in Argentinien ebenso wie in Brasilien von dem Geld, das die Touris und also auch wir ausgeben für den Anblick des 7. Weltwunders. Allein waren wir auf unseren Touren nicht, dafür aber bestens geführt und fürsorglich betreut von Margerita, die die Gefahren nicht nur in der Tierwelt lauern sah! Obwohl der Urwald voll von Tieren ist, auf die man nicht unbedingt treffen möchte wie Schlangen und Pumas, sind wir Gott sei Dank nur den harmlosen begegnet und amüsierten uns immer wieder über die verspielten Äffchen, die klauenden Nasenbären und natürlich über die Tuki-Tukis mit ihren langen Schnäbeln und ihrer stoischen Ruhe den lärmenden Menschen gegenüber. Ob auf der argentinischen Seite oder auf der brasilianischen; ob mit einem kleinen Zug oder mit einem Doppeldeckerbus, ob auf langen, schweißtreibenden trails (es hat gleichbleibend ca. 40° und eine Luftfeuchtigkeit von fast 100 Prozent und wir sind trotzdem ca. 10km gewandert) oder im Boot: überall ist die Natur atemberaubend, wenn auch oft ohrenbetäubend (Wasserrauschen, Papageiengeschrei, ganz zu schweigen von den Tausenden Touristen aus aller Welt, allen voran Koreaner und Russen).
Auch am 2. Wandertag ist uns das Wasser noch nicht langweilig geworden, denn wie Margarita sagte: jeden Tag sieht die Natur anders aus. Allerdings: in Brasilien schmeckt der Kaffee um Längen besser als in Argentinien, auch wenn die Argentinier das nicht wahrhaben wollen (von Chile ganz zu schweigen) Da war der Gerhard vielleicht glücklich und fand auch einen medizinischen Grund für seine wiederholten Kaffeepausen: der in der Hitze weggebrochene Kreislauf rappelt sich wieder auf.
Bevor wir Brasilien wieder verließen (merkwürdige Grenzgepflogenheiten: offenbar kann man in Brasilien den in Argentinien angebauten Knoblauch und auch Zwiebeln mit Profit verkaufen - es ist aber nicht erlaubt und wer bei Kontrollen auffliegt, muss alles an der Grenze lassen, weshalb es dort wie auf einem großen Wochenmarkt aussieht), schauten wir noch im Parque das Aves vorbei, wo im Urwald ramponierte oder durch Wilderer verletzte Tiere wieder aufgepäppelt werden bzw. vom Aussterben bedrohte Tierarten nachgezüchtet werden. Eine sehr naturnahe Anlage, die den Viechern manchmal besser tut als die von Menschen denaturierte Natur.
Morgen kommt noch auf einer Privattour nur für den Oberingenieur die dritte Seite des Wassers zum Tragen: die Energiegewinnung im größten Wasserkraftwerk der Welt. Und von wem sind die Generatoren? Natürlich von der Weltfirma.